Vorverfahren gegen mutmaßlichen Wikileaks-Informanten geht zu Ende

In der Voruntersuchung gegen den 23-jährigen US-Gefreiten Bradley Manning will das Militärgericht klären, ob die Beweislage für eine Anklageerhebung ausreicht.

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Von
  • Detlef Borchers

Am Donnerstag vor Weihnachten geht die militärgerichtliche Voruntersuchung im Fall des US-Soldaten Bradley Manning mit den Plädoyers von Anklage und Verteidigung zu Ende. Dem Obergefreiten der US-Armee wird vorgeworfen, während seiner Dienstzeit im Irak geheime Dokumente an Wikileaks weitergeleitet zu haben. Das Gericht muss bis 16. Januar entscheiden, ob die vorgelegten Beweise für ein Hauptverfahren ausreichen.

Seit sieben Tagen wird vor dem Militärgericht in Fort Meade (US-Bundesstaat Maryland) darüber verhandelt, welche Beweise gegen den 23-jährigen Manning vorliegen. Nach der Behandlung von Verfahrensfragen kamen vor allem IT-Forensiker der US-Armee zu Wort. Forensiker David Shaver sagte laut einem Bericht des US-Magazins Wired am vergangenen Sonntag aus, dass er auf einem der beiden von Manning benutzten Laptops 10.000 diplomatische Depeschen gefunden habe sowie eine Excel-Datei mit Wget-Makros, um diese Depeschen im militärischen SIPRnet zu finden und downzuloaden.

Am Montag folgte die Aussage des Forensikers Mark Johnson von der Firma ManTech International, der im Auftrag der US-Armee die Macbooks Pro von Manning untersuchte. Er fand ein Passwort, das Manning sowohl für seine Chats wie für die Verschlüsselung von Dateien benutzte. Teile eines Chats mit einem amerikanischen Hacker konnten rekonstruiert werden, in dem Manning sich damit brüstete, das Material für das Wikileaks-Video Collateral Murder beschafft zu haben.

Außerdem soll eine isländische Telefonnummer gefunden worden sein, die angeblich Assange zugeordnet werden konnte, sowie ein Chatprotokoll, in dem ein als Assange identifizierter Teilnehmer mit Manning Kontakt gehabt haben soll. Die Chats, die mit dem Multimessaging-Programm Adium über den Server Jabber.ccc.de abgewickelt wurden, sollen mit "dawgnetwork" und "pressassociation" zwei Pseudonyme enthalten, die nach Ansicht der Forensiker dem Wikileaks-Gründer zugeordnet werden können.

Am Dienstag wurde Manning mit dem US-Hacker Adrian Lamo konfrontiert, der nach einem Chat mit Manning die US-Behörden alarmiert hatte. Lamo, der als Journalist im Umfeld des US-Hackermagazins 2600 in das Verfahren eingeführt wurde, wurde vor allem von Mannings Rechtsanwalt David Coombs ins Verhör genommen. Er sagte aus, dass er den Chat mit Manning an das Magazin Wired verkauft hatte und keine Probleme damit hatte, gegenüber Manning als Geistlicher aufzutreten, der im Chat das Beichtgeheimnis befolgt.

Manning selbst verzichtete an diesem Tag auf seine einzige Möglichkeit, selbst zum Verfahren auszusagen. Seine Verteidiger befragten Zeugen, die von chaotischen IT-Zuständen im irakischen Militärlager berichteten. So hätten viele Soldaten im Dienst an ihren Computern Spiele gespielt und Filme geschaut, die verbotenerweise im abgesicherten Netzwerk des Militärs gespeichert wurden. Insgesamt verfolgen Mannings Verteidiger die Strategie, den 23-jährigen Soldaten als psychisch hochgradig gefährdete Person darzustellen, die eigentlich keinen Zugang zu geheimen Informationen hätte haben dürfen. Manning sei wegen seiner Homosexualität im Irak isoliert gewesen und habe mit mehrfachen Gewaltausbrüchen versucht, auf seine verzweifelte Lage aufmerksam zu machen. (vbr)