Die Woche: Alles Office, oder was?

Während man in den letzten Monaten kaum ein Lebenszeichen von OpenOffice vernahm, geht es nun Schlag auf Schlag: Die Apache Software Foundation will im Frühjahr eine neue Version veröffentlichen und mit White Label Office scheint ein weiterer OpenOffice-Fork zu entstehen.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Andrea Müller

Das Kapitel OpenOffice schien abgeschlossen: Schon bevor Oracle Mitte 2011 die kommerzielle Version der freien Office-Suite eingestellt und den Code an die Apache Software Foundation (ASF) übergeben hatte, tat sich bei dem Projekt nur wenig. Die letzte stabile OpenOffice-Version stammt vom Januar 2011 und nicht einmal bekannte Fehler und Sicherheitslücken wurden behoben.

In der Linux-Welt konnte sich daher LibreOffice als Standardanwendung für Büroaufgaben etablieren, da alle Distributionen nach und nach OpenOffice durch den Fork ersetzten. In der Windows-Welt sieht das allerdings anders aus: Obwohl die Entwicklung brachzuliegen scheint, erfreut sich dort nach wie vor OpenOffice der größeren Bekanntheit und damit einhergehend auch der größeren Beliebtheit. Bei den Top-Downloads des heise Software Verzeichnis etwa belegt OpenOffice 2011 Platz 5, der Fork LibreOffice muss sich mit CD-Brennern und -Rippern um Platz 25 balgen. Das wundert nicht wirklich, denn dort wo die Office-Software nicht zusammen mit dem Betriebssystem auf den Rechner kommt, greift man als Anwender gern zu einem bereits bekannten Produkt mit "gutem Namen".

Dass der Name OpenOffice ein Pfund ist, mit dem man wuchern kann, und dass sich bei der Entwicklung etwas tun muss, weiß auch die ASF. Sie veröffentlichte kürzlich einen offenen Brief, in dem sie sich zur Zukunft des Projekts äußerte. So soll Anfang 2012 OpenOffice 3.4 erscheinen. Außerdem stellte die ASF klar, dass sie alle Rechte an der Marke OpenOffice.org von Oracle übertragen bekommen hat. Ihr allein stünde es daher zu, offizielle Releases von OpenOffice zu veröffentlichen und ohne ihre vorherige Genehmigung seien auch keine Spendensammlungen für OpenOffice erlaubt.

Diese Klarstellung dürfte sich vor allem an das Team OpenOffice.org richten, dessen Kern aus einer Gruppe ehemaliger OpenOffice-Entwickler von Oracle besteht, die schon an dem Büropaket gearbeitet haben, als es noch StarOffice hieß. Team OpenOffice.org hatte Mitte Oktober einen (inzwischen nicht mehr abrufbaren) Spendenaufruf gestartet und postuliert, "OpenOffice stünde nach dem Rückzug des Hauptsponsors Oracle finanziell vor dem Nichts". Schon damals hatte die ASF darauf mit einer Erklärung reagiert, in der sie betonte, OpenOffice ginge es gut. Man habe zwar Verständnis dafür, dass langjährige Akteure – egal, ob ehemalige Produktmanager oder Anwender –, die den "Apache Way" nicht kennen, Zweifel an der Zukunft des Projekts hätten, doch es gäbe genügend Beispiele dafür, dass dieser Weg funktioniere.

Von OpenOffice lassen wollen die altgedienten Entwickler dennoch nicht. Sie haben jetzt einen Release-Kandidaten eines Bugfix-Updates für OpenOffice 3.3.0 veröffentlicht , die finale Version 3.3.1 soll im Frühjahr erscheinen. Da die ASF den Namen OpenOffice für Tabu erklärt hat, bringt Team OpenOffice.org sein Service-Release unter dem neuen Namen White Label Office heraus. Das klingt ganz nach einem weiteren OpenOffice-Fork, auch wenn die Entwickler in Ihrer FAQ darauf hinweisen, dass sie zur Zeit Gespräche mit der ASF führen und davon überzeugt sind, es wäre am besten, die gemeinsamen Kräfte zu bündeln.

Nach echter Verhandlungsbereitschaft sieht die Freigabe einer eigenen OpenOffice-Version unter neuem Namen jedoch nicht aus, sondern vielmehr so, als wolle man hauptsächlich sein eigenes Süppchen kochen und selbst über die Entwicklung des Projekts entscheiden. Durchaus verständlich, da viele der Mitglieder des Team OpenOffice schon seit seinen Anfangstagen an dem Programmpaket arbeiten und es daher als "ihr Baby" betrachten dürften.

Um sich bei einem Apache-Projekt einzubringen, reichen die Meriten der Vergangenheit jedoch nicht aus – dort müssten sich die Entwickler mit neuen Leistungen beweisen und zeigen, dass sie bereit sind, sich in die Strukturen eines Apache-Projekts einzufügen. Nur wenn es dem Team OpenOffice wirklich um das Projekt und nicht um persönliche Eitelkeiten geht, kann das gelingen. (amu) (amu)