Nano ganz groß

Das US-Start-up Nanocomp arbeitet an einer Technik, mit der Kohlenstoffnanoröhrchen in Form meterlanger Folienbahnen produziert werden können.

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Von
  • Katherine Bourzac

Das US-Start-up Nanocomp arbeitet an einer Technik, mit der Kohlenstoffnanoröhrchen in Form meterlanger Folienbahnen produziert werden können.

In einer kleinen Fabrik in Concord im US-Bundesstaat New Hampshire arbeiten Mitarbeiter des Start-ups Nanocomp daran, aus Kohlenstoffnanoröhrchen ein ganz besonderes Produkt zu machen: Papierdünne Blätter, die in großen Längen hergestellt werden können. Die einzelnen Nanoröhrchen sind nur wenige Billionstel Meter breit und gehören zu den stärksten und leitfähigsten Materialien, die der Mensch herstellen kann.

Schon seit Jahrzehnten träumen Forscher davon, das Material für hocheffiziente Stromleitungen, extrem lange Hängebrücken oder gar Weltraumfahrstühle zu nutzen, mit denen Satelliten direkt ins All gebracht werden könnten. Nanoröhrchen mit Kunstharz zu mischen, um Verbundmaterialien zu schaffen, erwies sich jedoch als problematisch. Die positiven Eigenschaften der einzelnen Nanoröhrchen ließen sich so nur schwer bewahren.

Im Brennofen entstehen Nanoröhrchen hoher Güte.

(Bild: Porter Gifford)

Die Herstellung in Form von Folienbahnen gilt als interessante Alternative: Zwar sind auch diese nicht ganz so leitfähig und stark wie einzelne Nanoröhrchen, können aber als Ersatz für schwerere Materialien wie Kupfer und andere konventionelle Werkstoffe verwendet werden.

So soll die Folie etwa zum Abschirmen von Koaxialkabeln oder als Schutz für Satelliten vor Weltraumstrahlung dienen. Ein entsprechendes Projekt von Nanocomp mit der US-Raumfahrtbehörde NASA läuft bereits: Dabei soll die Nanoröhrchen-Folie eine Deep-Space-Sonde sichern. Eine andere Anwendung liegt in der Verkabelung von Drohnen oder Flugzeugen, bei der so enorm viel Gewicht gespart werden könnte – von bis zu 50 Prozent geht man bei Nanocomp aus. Das wiederum spart Sprit und erhöht die Flugzeit mit einem Tank. Ein eingebauter Schutz gegen elektromagnetische Einstreuungen ist ein zusätzliches Plus.

Die Folie soll bereits die Materialgüte von Stahl haben.

(Bild: Porter Gifford)

Das Nanocomp-Verfahren nutzt Alkohol und ein Katalysematerial aus Eisen, das unter hohem Druck in einen Hochtemperaturofen einfährt. Ausgangsprodukt ist eine gelbe Lösung. Die Extrembedingungen im Ofen sorgen dafür, dass sich die Kohlenstoffatome im Alkohol aneinander binden und lange Nanoröhrchenketten bilden. Diese dienen wiederum als Basis für die Folie.

Das Material wird bei über 1000 Grad Celsius gebacken. Aus dem Ofen genommen, bilden sich Netze aus ineinander verschränkten Partikeln, die dafür sorgt, dass die fertigen Folien über eine hohe Reißfestigkeit verfügen. Eine Dreheinheit zieht das Material aus dem Ofen. In der Endfertigung kommt dann noch eine starke Säure zum Einsatz, die während des Trockenvorgangs über den Kapillareffekt dafür sorgt, dass die Nanoröhrchen zusammengezogen werden. Die Folie wird nach diesem Produktionsschritt zu einer dichten, glänzenden Matte aus eng miteinander verbundenen Nanoröhrchen. Die Säurebehandlung macht die Folie außerdem insgesamt fester und leitfähiger.

Qualitätskontrolle bei Nanocomp.

(Bild: Porter Gifford)

Zum Schluss kommt es noch zu intensiven Qualitätstests: Dabei wird unter anderem ein kleines Stück Folie zwischen zwei Klammern stark gedehnt. Mittlere erreichen die Nanocomp-Entwickler eine Materialgüte, die fast der von Stahl entspricht.

Den Produktionsprozess hat das Start-up in den letzten Monaten stark optimiert. Schnell ist er allerdings noch nicht: So dauert es noch 18 Stunden, bis ein zwei Quadratmeter großes Quadrat fertiggestellt ist. Die Öfen laufen dabei konstant. Nur eine Massenproduktion helfe aber dabei, die futuristischen Anwendungsmöglichkeiten tatsächlich umzusetzen, sagt John Dorr, der die Geschäftsentwicklung bei Nanocomp leitet. "Erst die holt die Nanoröhrchen aus dem Labor und drückt sie zu wettbewerbsfähigen Preisen in den Markt."

Das von Nanocomp hergestellte Endprodukt kann sich aber durchaus schon sehen lassen: Mittels Industriekleber lassen sich aus mehreren Folien Rollen mit einer Länge von über 60 Metern produzieren. Dorr spricht von einer schnell wachsenden Nachfrage. Parallel zum NASA-Projekt will man möglichst viele Pilotkunden von seiner Produktqualität überzeugen. (bsc)