Twitter setzt auf Selbstzensur

Ab sofort kann Twitter Beiträge in einzelnen Ländern blockieren. Während Kritiker darin Zensur sehen, begründet das Unternehmen den Schritt mit unterschiedlichen Grenzen der Meinungsfreiheit.

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Seit dem gestrigen Donnerstag hat Twitter nach eigene Aussage die Möglichkeit, einzelne Beiträge in bestimmten Ländern zu blockieren. Wie der Online-Kurznachrichtendienst in der Nacht zum Freitag in einem Blogeintrag mitteilte, könnten Beiträge jetzt in einzelnen Ländern blockiert werden. Damit wolle man sich an nationale Gesetze halten, Inhalte aber trotzdem für so viele Nutzer wie möglich verfügbar halten können. Bislang war es lediglich möglich, Beiträge komplett zu entfernen.

Als Begründung für den Schritt nannte das Unternehmen die unterschiedlichen Grenzen der Meinungsfreiheit in verschiedenen Staaten der Welt. Manche seien so restriktiv, dass Twitter dort nicht existieren könne, andere Regeln seien gleich, würden aber aus historischen oder kulturellen Gründen bei bestimmten Themen Einschränkungen setzen. So seien in Deutschland und Frankreich beispielsweise "pro-Nazi"-Inhalte verboten.

Ab sofort zeigt Twitter nicht mehr überall alle Tweets

(Bild: dpa)

Nach eigener Aussage wurde die neue Möglichkeit bis jetzt noch nicht genutzt. Sollte sie aber nötig werden, so wolle man versuchen, den Nutzer zu informieren und die Sperrung des Beitrags kennzeichnen. Informationen über Anfragen wolle man außerdem gesondert veröffentlichen, so dass sie leichter gefunden werden können.

Im Internet und vor allem auf dem Kurznachrichtendienst selbst regte sich gleich nach Bekanntwerden der Maßnahme erste Kritik. So war von Zensur die Rede und viele Nutzer zeigten sich enttäuscht von dem Unternehmen, das die entsprechende Meldung mit "Die Tweets müssen fließen" betitelt hatte. Der Blogger Jannis Kucharz etwa befürchtet, dass sich Twitter nun vorbeugend den Gesetzen in Ländern wie Syrien oder China anpassen will."Twitter wird nicht dazu beitragen, dass Menschen in China davon erfahren was in Tiananmen geschehen ist", schreibt Kucharz. "Eine Twitter Revolution wird es nicht mehr geben."

[Update: Auf Nachfrage von Heise Online stellte Rachel Bremer, die europäische Pressesprecherin von Twitter, klar, dass der Standort des Nutzers anhand der IP-Adresse festgestellt werde. Weiter sagte sie "da diese Technik aber nicht perfekt ist, geben wir dem Nutzer die Möglichkeit, sein Land selbst einzustellen, wenn Twitter sich geirrt hat". Werde in dem Auswahlfenster "Worldwide" ausgewählt, was eigentlich für Nutzer gedacht ist, deren Land nicht in der Liste steht, würden auch nur Inhalte blockiert, die weltweit gesperrt sind.] (mho)