Von ARM und SOC

Wenn heutzutage vom Einsatz von ARM-Prozessoren in diversen Geräten des alltäglichen Lebens die Rede ist, dann darf das nicht so verstanden werden, dass sich irgendwo ein separater ARM-Chip befindet. ARM ist nämlich eine so genannte IP-Schmiede (intellectual property), die Embedded-Prozessor-Cores lizenziert, welche zumeist in einem System-On-a-Chip (SOC) eingebunden werden.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Martin Zeller
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Ein solches SOC enthält neben dem Prozessor andere Komponenten wie Schnittstellen (USB, seriell, I2S, I2C, SDRAM ...), On-Chip-Speicher und applikationsspezifische Coprozessoren, zum Beispiel zur Video-De- und/oder Enkodierung. Der Einsatz von SOCs bietet gegenüber dem diskreten Aufbau viele Vorteile. Zum einen braucht ein SOC offensichtlich deutlich weniger Platz. Ferner liegt der Stromverbrauch um Größenordnungen unter dem einer diskreten Schaltung. Beides sind unabdingbare Features für viele aktuelle Geräte wie Handys, PDAs und ähnliche mobile Anwendungen. Und nicht zuletzt bietet das SOC ab einer bestimmten Stückzahl einen entscheidenden Preisvorteil.

Die Anforderungen an Funktion und Rechenleistung moderner SOCs steigen allerdings heute in dem Maße, wie die für die Entwicklung zur Verfügung stehende Zeit (Time-to-Market) sinkt. Diese Herausforderung kann nur durch intelligente Konzepte bei der Realisierung der Chips gelöst werden. Es macht keinen Sinn, erfahrene Ingenieure vergleichsweise triviale Module neu entwickeln zu lassen, wenn diese fertig kodiert und verifiziert preiswert zugekauft werden können.

Der Trend geht damit immer mehr von der Entwicklung eigener Cores zur Verschaltung vorgefertigter IP-Cores. Wenn verschiedene Module auf einem SOC zusammenarbeiten sollen, benötigt man standardisierte Schnittstellen zwischen den Cores. ARM definiert in der AMBA-(Advanced Microcontroller Bus Architecture-)Spezifikation drei verschiedene Interfaces und Bus-Systeme: Der AHB (Advanced High Performance Bus) ist für hohen Datendurchsatz und hohe Taktfrequenzen geeignet. Insbesondere Prozessoren und schnelle Speicher werden mit diesem Bus verbunden. Der ASB (Advanced System Bus) als Vorgänger des AHB ist mittlerweile technisch überholt, findet sich allerdings noch in einigen Interfaces. Der APB (Advanced Peripheral Bus) wird für Schnittstellen mit geringer Datenrate (serielle Schnittstelle) verwandt, bei denen geringer Stromverbrauch und ein einfaches Interface mehr Bedeutung haben als hoher Datendurchsatz.

Auch wenn das Kerngeschäft von ARM ganz klar die Entwicklung von Prozessor-Cores ist, bietet die Firma weitere IP-Cores, die so genannten Primecells. Hier finden sich Interrupt-Controller, UARTs, Multimediacard-Schnittstellen und anderes mehr. Für die Auslieferung von IP-Blöcken gibt es verschiedene Möglichkeiten: ARM-Primecells werden ebenso wie Cores anderer Hersteller, etwa sci-worx DesignObjects, in der Regel als Softcores geliefert. Das heißt, die Lieferung besteht aus Code in HDL (Hardware Description Language) und Skripten zur Integration des Cores in das Gesamtsystem. Viele der Cores sind in den beiden Hauptsprachen der Zunft, Verilog und VHDL, verfügbar. Die Vorteile der Softcores liegen darin, dass sie technologieunabhängig entwickelt und ausgeliefert werden können. Außerdem ist es für den Kunden mit relativ geringem Aufwand möglich, Änderungen am Code vorzunehmen. So genannte Firmcores werden als Netzliste ausgeliefert und bilden damit eine Zwischenstufe zwischen Soft- und Hardcores. Letztere Hardcores werden in Zusammenarbeit mit den Halbleiterherstellern für eine bestimmte Technologie entwickelt. Sie können nur mit sehr hohem Aufwand verändert werden, bieten aber den Vorteil, dass Parameter wie maximale Taktfrequenz und Stromverbrauch schon spezifiziert sind.

Gerade für geschwindigkeitskritische Module, insbesondere Prozessoren, bietet sich die Auslieferung als Hardcore an. ARM entwickelt diese zusammen mit Halbleiter-Partnern für verschiedene Technologien. Einige der neusten ARM-Prozessoren sind aber auch als Softcores erhältlich.

ARMs EasyBench: Referenzsystem zur Integration von ARM-Cores

Die eigentliche Herausforderung bei der Wiederverwendung fertiger IP-Blöcke liegt nicht darin, korrekten Code auszuliefern, sondern den Empfängern zusätzlich Hilfestellung und Know-how zu bieten. Hierzu können Schulungen ebenso gehören wie gute Dokumentation, Skripte ebenso wie ganze Verifikationsumgebungen. ARM ist hier sehr aktiv, stellt auf der Hardwareseite neben dem bereits angesprochenen AMBA-Standard seinen Partnern mit der EASY-Testbench ein komplettes Referenzsystem zur Verfügung. Zur Verifikation des Systems stehen verschiedene Simulationsmodelle für die Prozessoren bereit. Softwareseitig bietet ARM Entwicklungstools und Compiler sowohl für den PC als auch für Unix/Solaris.

Eine wichtige Stütze des Erfolges von ARM sind die ATAP-Partner (ARM Technology Access Program). Ausgewählte Designhäuser können dem Programm nach einer Zertifizierung durch ARM beitreten. Bestandteil der Aufnahmeprozedur sind unter anderem eine Überprüfung der Arbeitsweise des Designhauses, eine Bewertung der vorhandenen Erfahrung und die intensive Schulung von Mitarbeitern bezüglich der ARM-Technologie. Die ATAP-Partnerschaft ist letztendlich auch eine wichtige Referenz für Kunden, die erfahrene Designer für ein SOC-Projekt suchen.

Dipl.-Ing. Martin Zeller arbeitet bei sci-worx als Entwicklungs-Ingenieur auf den Gebieten Konzipierung, Spezifikation und Entwicklung von SOC-ASICs in den Bereichen Telekommunikation und Videokodierung. Als zertifizierter ARM- und Doulos-Trainer hält er regelmäßig ARM-, VHDL- und Verilog-Kurse für die Mikroelektronik Akademie (meak). Sci-worx, die früher unter Sican firmierende jetzige Infineon-Tochter, ist ein ATAP-Partner, der SOC-Designs vorrangig mit ARM-und AMBA-Designs entwickelt. Hierfür bietet die hannoversche Firma ihren Kunden derzeit über 70 Fertigkomponenten (DesignObjects`) an. (as)