Pflanzen als Vorbild für Roboter

Viele Roboterforscher- und Entwickler orientieren sich an der Tierwelt, wenn es um Sensoren und Aktoren geht. Die ESA hat nun ein Projekt ausgeschrieben, dass die Umsetzung von Pflanzenstrategien prüfen soll.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske
  • Daniel Bachfeld

Raumstationen und andere künstliche Gebilde im All, die wie Pflanzen wachsen – das ist eine Vision, für deren Umsetzung das "Advanced Concepts Team" der Europäischen Weltraumorganisation ESA Ideen sucht. Lassen sich Roboter bauen, die der Strategie von Rankgewächsen oder Pflanzensamen folgen? Jeweils 25.000 Euro stehen für Machbarkeitsstudien zur Verfügung.

Ranken wachsen in die Höhe, indem sie sich um Objekte in ihrer Umgebung schlingen. Das bringt sie näher zu ihrer primären Energiequelle, dem Sonnenlicht, ohne dass sie Energie für die Bildung einer eigenen stabilen Struktur aus Stamm und Ästen aufwenden müssen. Die Vorgehensweise ist dabei rein reflexartig und stützt sich ausschließlich auf den Tastsinn: Die Sprossachsen der Ranke wachsen zunächst spiralförmig und erkunden auf diese Weise einen möglichst großen Raum. Wenn sie dabei auf einen Gegenstand treffen, schlingen sie sich um diesen herum.

Die Ingenieure bei der ESA sind besonders beeindruckt, dass Rankpflanzen mit dieser simplen Strategie Gegenstände unbekannter Gestalt sicher greifen können. Sie sehen dafür mehrere Einsatzmöglichkeiten im Weltall: Die Länge von Kabelverbindungen könnte so kontrolliert werden, Roboter mit Rankmanipulatoren könnten Weltraummüll einsammeln, Satelliten betanken oder sich nach und nach zu komplexeren Strukturen zusammenfügen.

Wenn es nicht nach oben ins All geht, sondern Erkundungen unter der Oberfläche vorgenommen werden sollen, kann die Pflanzenwelt ebenfalls als Inspirationsquelle dienen. In einer weiteren Ausschreibung sucht die ESA nach Studien, die genauer untersuchen, wie sich die Samen des Gewöhnlichen Reiherschnabels unter die Erde graben. Konventionelle Bohrer können auf Asteroiden, Kometen und anderen Himmelskörpern mit geringer Schwerkraft nicht ohne weiteres eingesetzt werden, da die Kraft, die den Bohrkopf eigentlich in den Boden treiben soll, den gesamten Mechanismus von der Oberfläche abstößt. Experimente mit Reiherschnabelsamen unter Weltraumbedingungen sollen nun klären, ob sich hier alternative Wege ins Innere der kleinen kosmischen Brocken eröffnen. Auf diese Weise ließen sich dann vielleicht nicht nur Sensoren zur Erkundung des Untergrunds platzieren, sondern auch Netze von Sendern oder Transpondern, die Robotern auf der Oberfläche die Navigation erleichtern könnten.

Vorschläge können noch bis 6. März 2012 eingereicht werden. Antragsberechtigt sind nur Teams von Universitäten und akademischen Forschungsinstituten. Firmen können sich an den Studien beteiligen, dürfen dafür aber keine Kosten in Rechnung stellen. (dab)