Acer richtet sich gezielter auf das B2B-Geschäft aus

Mit einem stärkeren Fokus auf den Sell-Out will Acer die Supply-Chain besser koordinieren, um mit einer runderneuerten Produktpalette wieder anzugreifen – im Consumer-Geschäft ebenso wie bei gewerblichen Kunden.

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Von
  • Matthias Parbel

Acer-Deutschland ist mit einem blauen Auge davon gekommen: Country Manager Wilfried Thom

(Bild: Acer)

Das Jahr 2011 war für Acer von harten Rückschlägen gekennzeichnet. Vor allem in Europa musste der Hersteller Einbußen hinnehmen, nachdem infolge der schwachen Consumer-Nachfrage umfangreiche Lagerbestände abgeschrieben wurden. Allein in Westeuropa – insbesondere Spanien – kosteten Acer die "Korrekturen" rund 150 Millionen US-Dollar. Im Jahresverlauf büßte der Hersteller nicht nur seine führende Rolle als Notebook-Anbieter ein, sondern rutschte im PC-Gesamtmarkt auf den vierten Rang zurück. "In Deutschland sind wir mit einem blauen Auge davon gekommen – nicht zuletzt wegen des erfreulichen Wachstums im B2B-Geschäft", erklärt Country Manager Wilfried Thom im Gespräch mit heise resale. Mit Verweis auf Erhebungen der GfK habe Acer hierzulande im Consumer-Geschäft immerhin noch um rund 8 Prozent zulegen können, die Verkaufszahlen im Geschäftskundensegment stiegen sogar um 18 Prozent.

Impressionen vom Acer Channel-Kickoff 2012 (11 Bilder)

(Bild: Acer)

Allerdings zeigt sich bei genauerer Betrachtung in punkto Mobile Computing, dass zwischen den Marktzahlen der GfK und denen von IDC für die erste Jahreshälfte 2011 eine Differenz von ungefähr 15 Prozent liegt. Demnach gingen tatsächlich mehr Geräte über die Ladentheke als von den Herstellerfabriken nachgeliefert wurden – im Channel wurden mithin vor allem die Lager geleert. Und genau an diesem Punkt wollen auch die Verantwortlichen bei Acer künftig gezielter ansetzen, um Probleme wie im vergangenen Jahr künftig vermeiden zu können. "Wir richten unseren Fokus stärker auf den Sell-Out, um dann gegebenenfalls schneller reagieren zu können", erläutert Thom.

An der Produktkategorie Netbooks will der Hersteller weiter festhalten, auch wenn die Verkaufszahlen der Billig-Notebooks zuletzt deutlich rückläufig waren. Der Bedarf für die mobilen Minirechner sei hierzulande nach wie vor gegeben, glaubt Thom und sieht sich durch Analysen der GfK darin bestätigt. Im laufenden Jahr könnten immerhin 600.000 bis 700.000 Geräte abgesetzt werden. Optimistisch gibt sich der Acer-Chef auch hinsichtlich der noch jungen Geräteklasse Ultrabook – die bisher noch nicht auf allzu großes Käuferinteresse gestoßen ist. Der Knackpunkt könnte nach Thoms Einschätzung die Bildschirmdiagonale sein. Bisher sind Ultrabooks nahezu ausschließlich mit 13-Zoll-Display erhältlich. Den Löwenanteil des Notebook-Marktes mit gut 60 Prozent machen hingegen Mobilrechner mit 14- und 15-Zoll-Display aus. Genau hier will Acer ansetzen und mit einem ausgewogenen Produktmix und den treffenden Preispunkten die Marktführerschaft bei Ultrabooks anpeilen.

An der bewährten Produkt- und Mehr-Marken-Strategie mit der organisatorischen Trennung von Consumer- und Business-Kundengeschäft soll nicht gerüttelt werden – zumindest nicht signifikant. Das Markenprofil schärft der Hersteller aus Taiwan dann aber doch weiter. Während Produkte unter der Marke Acer künftig für das Mittel- bis Hochpreissegment stehen, kommt in Europa, dem Nahen Osten und Afrika (EMEA) Packard Bell als Einstiegsmarke mit den günstigeren Preispunkten zum Einsatz. Der Brand eMachines läuft dagegen aus und soll Thom zufolge lediglich noch für ausgewählte Projektgeschäfte im B2C genutzt werden. Gateway hingegen übernimmt weltweit die Rolle, die Packard Bell in der Region EMEA erfüllt. Im Professional Business ist Gateway inzwischen vollständig der Marke Acer gewichen – lediglich zahlreiche der ehemals mit Gateway gelabelten Server-Produkte bleiben im Portfolio, wie Mirco Krebs, Head of Professional Business Deutschland und Österreich ergänzt.

Auch wenn der Hersteller mit der Ausrichtung auf gewerbliche Kunden schon Erfolge erzielen konnte, hat die Konzernleitung die große Bedeutung des B2B-Geschäftes erst im vergangenen Jahr richtig erkannt, wie Stefan Engel in der vergangenen Woche vor gut 600 Acer-Partnern erklärte, die zum Channel-Kickoff an den Nürburgring gereist waren. Engel hatte im September 2011 als Vice President die Leitung des Geschäftsbereiches Professional Business in Europa, dem Nahen Osten und Afrika übernommen. Gemeinsam mit einem dedizierten EMEA-Team, dem unter anderen auch Mirco Krebs angehört, treibt Engel nun den Ausbau des Acer-B2B-Geschäftes in der Region noch gezielter voran. Ganz oben auf der Agenda steht dabei die Erweiterung der Service-Kapazitäten, mit denen das globale Partnernetzwerk von Acer in die Lage versetzt werden soll, auch im Wettbewerb mit dem Direktgeschäft konkurrierender Hersteller bestehen zu können.

Auf 40 Prozent des Gesamtumsatzes soll der Anteil des Professional Business klettern, wie Krebs ergänzt. Dafür investiert Acer auch in die personelle Verstärkung seiner Teams für die Reseller-Betreuung. Hierzulande kümmert sich beispielsweise Christian Krämer als Sales Manager VAR/Corporate um die Lead-Generierung im B2B-Umfeld. Gerit Günther, Sales Manager Distribution/SOHO/E-Tail, engagiert sich primär in der Weiterentwicklung der Partner. Das neu aufgelegte Synergy-Partnerprogramm – mit den Stufen "Point", "Silver", "Gold", "Platinum" und dem HPC-Business-Spezialisten – wurde denn auch gezielt nach Bedürfnissen von Systemhauspartnern und VARs ausgelegt. Das betrifft vor allem persönliche Ansprechpartner, Demogeräte und Kickback-Zahlungen. Im Hinblick auf Projektpreise behält sich Acer allerdings vor, die konkreten Bedürfnisse und Anforderungen des betreffenden Kunden vorab zu checken. Bei der Lead-Weitergabe hat der Hersteller ebenfalls investiert – in qualifizierte Adressen und ein neues Onlinetool, die sogenannte Lead-Engine. Derzeit noch in der Pilotphase soll das Werkzeug in den nächsten 2 Monaten ausgerollt werden und Partnern dann über individuelle Zugänge im Partnerportal zugänglich gemacht werden. Dort finden Acer-B2B-Reseller künftig auch Statistiken zu ihrer persönlichen Performance, also der Umsatzentwicklung in den verschiedenen Produktsegmenten. (map)