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Google fasst seine bisher mehr als 70 verschiedenen Datenschutzerklärungen zukünftig in einer zusammen. Damit einhergehend will das Unternehmen die Daten seiner Anwender nun auch offiziell diensteübergreifend bündeln und nutzen.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Julian Höppner

Google hat angekündigt, dass zukünftig alle Informationen zusammengeführt werden können, die ein Anwender bei verschiedenen Diensten des Konzerns mitteilt oder die bei der Nutzung anfallen. Der Suchmaschinenkonzern möchte dabei nach eigenen Angaben keineswegs mehr Daten erheben, sondern die vorhandenen und neu hinzukommende Daten effektiver einsetzen. Das soll besser auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnittene Angebote ermöglichen. „Wir können die Suche besser machen – indem wir verstehen, was Sie wirklich meinen, wenn sie Apple, Jaguar oder Pink eintippen“, so Googles Datenschutz-Chefin Alma Whitten in einem Blogeintrag. So will Google auf der einen Seite den Anwendern zusätzlichen Nutzen bieten und auf der anderen Seite auch zielgenauer Werbung einspielen können.

Wirklich neu ist die Verwendung von Informationen über Dienstegrenzen hinweg indes nicht. So hat Google bereits bisher die Kontakte aus Google Mail angezeigt, wenn ein Anwender in Calendar einen Termin mit einer Person teilen wollte. Diese Möglichkeiten wurden auch bereits in den aktuellen Datenschutzbestimmungen angedeutet, obwohl es bis vor gar nicht so langer Zeit immer hieß, Daten würden nicht über Dienstegrenzen hinaus verwendet.

Die neue, zentrale Datenschutzerklärung verdeutlicht nun auch auf dem Papier den Paradigmenwechsel. Agierte Google bislang mit einer Vielzahl von Datenschutzerklärungen gleichsam dienstebezogen, fokussiert man sich nun auf den Anwender. Dieser ist zukünftig kein Googlemail-, Youtube- oder Picasa-Nutzer mehr, sondern nur noch ein Google-Nutzer, ein Kunde, der in dieser Eigenschaft die verschiedenen Dienste einsetzt. Insoweit folgerichtig gibt es ab dem 1. März 2012 eben auch nur noch eine Datenschutzerklärung, die – darüber muss man sich im Klaren sein – auch für alle vor dem 1. März 2012 gespeicherten Daten gilt.

Die neue Datenschutzerklärung hat bei aller zu erwartenden Kritik der Datenschutzbehörden für den Anwender zunächst unbestreitbar Vorteile. Anstatt sich wie bisher durch einen Dschungel von Datenschutzerklärungen und Erläuterungen aller Art kämpfen zu müssen, findet er alle relevanten Informationen künftig an nur einer Stelle.

Zudem hat Google auch die Gelegenheit genutzt, die neuen Bestimmungen insgesamt, insbesondere in Zusammenspiel mit den FAQ (siehe c’t-Link), transparenter und für den Laien leichter verständlicher als bisher zu gestalten. Das verwendete Deutsch ist idiomatischer, die bisher vielerorts zu findenden wörtlichen Übersetzungen aus dem Englischen sind weniger geworden.

Genau wie das deutsche Datenschutzrecht unterscheidet Google zudem nun zwischen Bestandsdaten nach § 14 Telemediengesetz (TMG) und Inhaltsdaten, die dem BDSG unterliegen („Daten, die Sie uns mitteilen“), und Nutzungsdaten nach § 15 TMG („Informationen, die wir aufgrund Ihrer Nutzung unserer Dienste erhalten“). Auch ansonsten ist die Datenschutzerklärung besser strukturiert.

Vor allem die Zusammenführung und Verwendung von Daten zu Werbezwecken ist jedoch bekanntlich ein rotes Tuch für die Datenschutzbehörden und sicherlich auch nicht wenige Nutzer. Man darf auf die ersten offiziellen Reaktionen der Datenschützer in Europa gespannt sein. Denn abgesehen von der stets kritisch gesehenen Zusammenführung von Daten (gerade zu Werbezwecken) und der damit einhergehenden Befürchtung, es würden auf diesem Weg sehr umfassende und aussagekräftige Profile der Nutzer gebildet, bleibt die Datenschutzerklärung bei allem Bemühen um Transparenz an einigen Stellen immer noch recht nebulös.

Das Dokument deutet vieles nur an und arbeitet in weiten Teilen mit Vorbehalten wie „gegebenenfalls“ (10-mal) und „möglicherweise“ (15-mal). Konkrete Angaben darüber, wie und zu welchen Zwecken denn nun welche Daten tatsächlich verarbeitet werden, finden sich gerade an den neuralgischen Punkten nicht. Mit den neuen Datenschutzbestimmungen hat das aber nichts zu tun; dieses Problem war schon vorher angelegt und betrifft viele, wenn nicht die meisten Websites.

Im Dashboard kann der Anwender für viele Dienste sehen, was Google über ihn weiß – und diese Informationen auch löschen.

Auf der anderen Seite bietet Google über eine Reihe von Privacy Tools wie dem Dashboard oder den „Anzeigenvorgaben“ Einstellungsmöglichkeiten zur Erhebung und Verwendung verschiedener Daten an. Ob dies die Datenschutzbehörden überzeugen wird, ist indes nicht sicher. Schließlich wird die Verantwortung so auf den Nutzer verlagert, was mit dem deutschen Datenschutzrecht nach traditioneller Lesart nur schwer in Einklang zu bringen ist.

Neben den strukturellen und prinzipiellen Bedenken gegen die Vereinbarkeit der neuen Bestimmungen mit dem geltenden Datenschutzrecht kann man sich natürlich auch bei vielen Einzelregelungen des Dokuments fragen, ob die beschriebene Datenerhebung und Verarbeitung rechtlich zulässig ist. So fällt zum Beispiel auf, dass offenbar auch umfassende Verbindungsdaten von Telefonaten erfasst werden (siehe c’t-Link). Das wirft die Frage auf, inwiefern diese Speicherung im Interesse des Anwenders sein könnte. Auch das Auskunftsrecht sowie vor allem das Recht auf Löschung schränkt Google – wenn auch aus Sicht des Autors aus nachvollziehbaren Gründen – womöglich über Gebühr ein.

Richtet man den Blick zudem ein wenig in die Zukunft, so steht den neuen Datenschutzbestimmungen von Google außer der (offensichtlich stockenden) Umsetzung der „Cookie-Richtlinie“ vor allem auch die geplante EU-Verordnung als rechtliches Hindernis im Weg. Die in der sogenannten Artikel-29-Datenschutzgruppe zusammengeschlossenen europäischen Datenschutzbeauftragten haben Google auch bereits gebeten, die Umsetzung der neuen Richtlinien für den Umgang mit Nutzerdaten bis auf weiteres auszusetzen.

Es wird interessant sein, zu verfolgen, wie die Nutzer die neue Datenschutzerklärung aufnehmen werden. Vielen wird der Zwang zur Zustimmung sicherlich sauer aufstoßen. Denn die einzige Alternative wäre ja eine Kündigung des Google-Accounts und eine Einstellung der Nutzung aller Dienste.

Der Autor ist Fachanwalt für Informationstechnologierecht und ist in der Kanzlei JBB Rechtsanwälte in Berlin tätig.

www.ct.de/1205046 (jo)