Urheberrecht: Streit um Pauschalvergütung für Privatkopien geht munter weiter

Verwertungsgesellschaften werfen der Geräteindustrie "Irreführung" vor wegen der Behauptung, dass sie die Urheberabgabe fürs private Kopieren künftig etwa auch auf Digitalkameras ausdehnen wollten.

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Verwertungsgesellschaften haben der Geräteindustrie im andauernden Streit um die Zukunft der Kopiervergütung "Irreführung" vorgeworfen. Der IT-Branchenverband Bitkom versuche erneut, "mit falschen und längst widerlegten Argumenten Einfluss auf die Novelle des Urheberrechtsgesetzes zu nehmen", beklagen die GEMA und die VG Wort in einer gemeinsamen Mitteilung. Angesichts der Einigung der Koalitionsparteien auf Änderungen an dem heftig umstrittenen Regierungsentwurfs für die zweite Stufe der Urheberrechtsreform hatte die Wirtschaftsvereinigung vom drohenden Scheitern des so genannten 2. Korbs gesprochen. Die Fraktionen würden auch Geräte abgabenpflichtig machen wollen, die nicht vorrangig zum Kopieren von Texten oder Musik genutzt werden. Die Urheberrechtsvertretungen bestreiten dagegen, dass künftig etwa auf Digitalkameras eine Vergütung fürs private Kopieren aufgeschlagen werde.

Geräte wie Fotoapparate, mit denen nur in seltenen Fällen urheberrechtlich geschützte Werke vervielfältigt werden, könnten laut GEMA und VG Wort schon seit 1985 prinzipiell mit einer Urheberrechtsabgabe belegt werden. Die Verwertungsgesellschaften hätten hier aber "stets Augenmaß bewiesen und eine entsprechende Forderung nie geltend gemacht". Zugleich wehren sie sich gegen die Behauptung, dass die Erhebung von Kopiervergütungen hierzulande zu Bestellungen der Kunden im Ausland führe. "Kein Kunde wird einen PC oder einen Drucker im Ausland bestellen und die damit verbundenen Probleme bei Reparaturen und Wartung der Geräte in Kauf nehmen", rechnen die Urheberrechtsvertreter vor. "Dementsprechend sind Urheberrechtsabgaben auch ohne Einfluss auf den Wirtschaftsstandort Deutschland."

Die Bundesregierung hatte in ihrem Entwurf für den 2. Korb geplant, dass von der Vergütungspflicht nur noch Geräte erfasst werden, die in "nennenswertem Umfang" für private Vervielfältigungen genutzt werden. Zudem sah sie eine Kappung der Vergütungshöhe bei fünf Prozent des Gerätepreises vor. Beide Begrenzungsvorschläge sollen der Regierungskoalition zufolge wegfallen. Die Industrie, die mit den Rechtevertretern seit langem einen Stellungskrieg rund um die Vergütungen führt, geht damit von einem Wildwuchs bei der Urheberabgabe aus.

Die Verwertungsgesellschaften halten dagegen, dass bei der Höhe der Vergütung etwa für Multifunktionsgeräte und Drucker zunächst die derzeit geltenden Festschreibungen im Gesetz selbst zu berücksichtigen seien. Diese sollen laut Regierungsentwurf aber wegfallen und sich beide Seiten selbst über Art und Umfang der Abgabe einigen. Ferner darf laut GEMA und VG Wort nicht vergessen werden, "dass die Industrie ihr Geschäft hier mit den Verbrauchsmaterialien und nicht den Geräten macht". Entsprechend dem Geschäftsmodell bei Handys würden etwa Tintenpatronen teuer verkauft. Das neue Gesetz werde Verwertungsgesellschaften und Industrie zwingen, "hier Kompromisse zu finden". Insgesamt scheinen die im Bundestag vertretenen Fraktionen nach Ansicht von VG-Wort-Vorstandsmitglied Ferdinand Melichar einen Kompromiss gefunden zu haben, "mit dem beide Seiten leben können". Zuvor hatten Vertreter der Urheber immer wieder von einem "Raubbau" an der Vergütung der Kreativen und einer "Enteignung" der Rechteinhaber angesichts des Vorstoßes der Regierung gesprochen.

Zur Diskussion um das Urheberrecht, das geistige Eigentum, Tauschbörsen und illegale Kopien sowie um die Urheberrechtsnovellierung siehe die Übersicht mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln und zu den Gesetzesentwürfen und -texten:

(Stefan Krempl) / (jk)