Gegner der Vorratsdatenspeicherung wollen mit Gauck sprechen

Der Bundespräsidentenkandidat habe mit seinen Äußerungen zur Vorratsdatenspeicherung Internetnutzer und Bürgerrechtler beunruhigt, schreibt der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung in einem offenen Brief.

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Der Arbeitskreis (AK) Vorratsdatenspeicherung hat den Bundespräsidentenkandidaten Joachim Gauck zum Dialog über Vorratsdatenspeicherung und digitale Bürgerrechte aufgefordert. In einem offenen Brief schreibt der AK, Gauck habe sich im Rahmen der österreichischen Diskussionsreihe "Europa im Diskurs" am 5. Dezember 2010 kurz zu diesem Thema geäußert. Diese Äußerungen hätten Internetnutzer und Bürgerrechtler beunruhigt. Der AK Vorrat wolle nun seine Bedenken mit Gauck erörtern.

Der AK Vorrat zitiert Gauck unter anderem mit den Worten: "Der Staat hat den Auftrag der Gefahrenabwehr, und deshalb: Wenn er Eingriffssachverhalte gut begründen kann – und eine Wegnahme von Rechten, die wir selber an unseren eigenen Daten haben, ist letztlich ein Eingriff – kann das gerechtfertigt sein." Die Bürgerrechtler fassen zusammen, eine Vorratsspeicherung aller Verbindungsdaten schränke laut Gauck Grundrechte "möglicherweise ein wenig" ein, sie sei aber nicht der Anfang eines "Spitzelstaats".
Gauck vermisse die "geduldige Benennung hinreichend überzeugender Gründe" für die Maßnahme und ihre Verhältnismäßigkeit. Ohne entsprechende Belege sehe Gauck die Vorratsdatenspeicherung als "beginnende Gefahr" für die Freiheitsrechte an.

Die Bürgerrechtler bekräftigen, sie wollten die Aussagen "auf keinen Fall überinterpretiert oder aus den Zusammenhängen gerissen sehen". Damit spielen sie vermutlich auf die auch im Internet geführte Diskussion über Äußerungen Gaucks an, der am Sonntag zum Bundespräsidentenkandidaten von CDU/CSU, SPD, FDP und den Grünen gekürt wurde.

Für die Bürgerrechtler bedeutet Vorratsdatenspeicherung "die anlasslose Erfassung und Speicherung des Kommunikationsverhaltens der ganzen Bevölkerung"; sie lehnen sie ab, da sie mit Demokratie und Menschenrechten unvereinbar sei. Der AK Vorrat hatte 2008 beim Bundesverfassungsgericht gegen die Vorratsdatenspeicherung geklagt. Die Klage wurde von rund 34.000 Menschen unterstützt. Im März 2010 urteilte das Gericht, die Vorratsdatenspeicherung sei in der von der Bundesregierung festgelegten Form verfassungswidrig, die Maßnahme sei aber nicht schlechthin unvereinbar mit dem Grundgesetz. Allerdings sahen die Karlsruher Richter enge Auflagen für die praktische Ausgestaltung als unbedingt erforderlich an. (anw)