Datenschützer begrüßen TKG-Entscheidung des Verfassungsgerichts

Die Initiatoren der Verfassungsbeschwerde gegen das Telekommunikationsgesetz sowie Datenschützer sehen in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einen Erfolg. Die praktischen Auswirkungen sind unterdessen überschaubar.

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Die Initiatoren der Verfassungsbeschwerde gegen Regelungen des Telekommunikationsgesetzes sehen in der heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einen Erfolg. "Wir bekommen ein Drittel unserer Kosten erstattet", sagte Breyer nach der Entscheidung in Karlsruhe. "So geht das Gericht wohl davon aus, dass wir zu einem Drittel Recht hatten." Es sei "ein großer Erfolg" der Beschwerde, dass das Gericht "der ausufernden staatlichen Identifizierung von Internetnutzern einen Riegel vorschiebt und die Anonymität unserer Internetnutzung schützt".

Die Karlsruher Verfassungshüter hatten am Freitagmorgen entschieden, dass Teile der von der damaligen rot-gründen Bundesregierung beschlossenen Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) gegen die Verfassung verstoßen. So sehen die Richter zum Beispiel in der üblichen Praxis, auf Basis des TKG die Inhaber von IP-Adressen zu ermitteln, eine Verletzung des Fernmeldegeheimnisses. Hier und an anderer Stelle muss der Gesetzgeber bis Ende Juni 2013 nachbessern. Nach Ansicht des Bundesinnenministeriums halten sich "die Auswirkungen auf die Praxis" deshalb "in engen Grenzen".

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) erklärte, die Entscheidung stärke den Grundrechtsschutz bei Telekommunikationsdaten. Breyer fordert, Leutheusser-Schnarrenberger müsse "jetzt klarstellen, dass Internetnutzer künftig nur noch nur mit richterlicher Genehmigung und nur zur Verfolgung schwerer Straftaten sowie zum Schutz von Leib oder Leben identifiziert werden dürfen." Breyers Bruder Jonas stellte eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen den von Karlsruhe nicht angetasteten allgemeinen Identifizierungszwang für Prepaidkarten in Aussicht.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Peter Schaar begrüßte das Urteil. "Erneut sorgt das Bundesverfassungsgericht für einen verbesserten Grundrechtsschutz", erklärte Schaar laut einer Mitteilung. "Das Urteil verdeutlicht, dass ein Zugriff auf Telekommunikationsdaten immer nur unter Wahrung des Fernmeldegeheimnisses zulässig ist und der Gesetzgeber noch etliche Hausaufgaben zu erledigen hat. Dies betrifft auch die Auskunftserteilung von dynamischen IP-Adressen."

Experten des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) räumen ein, dass die inhaltlichen Konsequenzen aus der Karlsruher Entscheidung überschaubar sind. Letztlich besage das Urteil, dass das Telekommunikationsgesetz in den beanstandeten Teilen schlampig formuliert sei. Jetzt komme es darauf an, bei der fälligen Nachbesserung des Gesetzes die damals missachteten Argumente der Datenschützer wieder zu Gehör zu bringen. "Ich kann mir auch vorstellen, dass die Schwelle für den Eingriff etwas angehoben wird", sagte die Stellvertretende Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Marit Hansen.

Die Gesellschaft für Informatik zeigte sich ebenfalls erfreut. Mit dem heutigen Urteil hat das Bundesverfassungsgericht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger gestärkt", sagte GI-Präsident Oliver Günther. "Die Feststellung der Richter, dass der Zugriff auf PIN-Nummern, Passwörter und Nutzerdaten wie etwa die dynamische IP-Adresse derzeit zu leicht gemacht werden, begrüßen wir sehr." (vbr)