Kofi Annan: UN will keineswegs "das Internet übernehmen"

Die Vereinten Nationen wollen nach den Worten ihres Generalsekretärs Kofi Annan das Internet nicht "übernehmen, überwachen oder in anderer Weise kontrollieren".

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Von
  • Monika Ermert

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, hat in einem Beitrag für die Washington Post klar gestellt, dass die Vereinten Nationen keineswegs "das Internet übernehmen, überwachen oder in anderer Weise kontrollieren wollen". Von einer neuen, speziellen UN-Organisation für das Internet sei nicht die Rede und das DNS-Tagesgeschäft solle der UN-Arbeitsgruppe Internet Governance (www.wgig.org) sowie den zuständigen technischen Organisation überlassen bleiben.

Annan reagiert damit auf US-Politiker, die im Vorfeld des zweiten Weltgipfels der Informationsgesellschaft (WSIS) eine Veränderung der "Internet Governance", also der Aufsicht über Kernfunktionen in der Netzverwaltung, ablehnen. Diese Politiker hatten in den vergangenen Wochen mehrfach unterstrichen, dass sie einer größeren Rolle der UN, etwa bei der Kontrolle der Arbeit der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), nicht zustimmen wollen. Vielmehr sollen die USA ihre Sonderrolle bei der Aufsicht über das DNS und die zentralen Rootserver behalten.

Sogar US-Präsident Georg W. Bush hatte sich Ende September in die Debatte um die Frage, wer das Netz regieren soll, eingeschaltet. Bush brachte gegenüber EU-Kommissionspräsident Jose Barroso das Missfallen der amerikanischen Seite darüber zum Ausdruck, dass sich die EU auf die Seite einer Reihe von Entwicklungsländern geschlagen hat. Diese fordern eine stärkere Internationalisierung der Internet-Aufsicht.

Annan spricht in der Washington Post nun von Fehlinformationen in Bezug auf die Pläne der Vereinten Nationen. Eine Zensur des Cyberspace, eine Gefährdung seiner technischen Grundlagen oder die Installation einer strikten Regierungskontrolle über das Netz würde eine Abkehr von einem der aktuell wichtigsten Instrumente des Fortschritts bedeuten, so Annan. "Das Internet verteidigen bedeutet, die Freiheit selbst verteidigen."

Allerdings fühlten Entwicklungsländer sich von Prozessen der Netzaufsicht – darunter auch dem Kampf gegen Cybercrime oder Spam – ausgeschlossen, mahnt Annan. Trotz des Danks, der den USA dafür gebühre, dass sie das Internet entwickelt und der Welt zugänglich gemacht hätten und ungeachtet der Tatsache, dass die USA ihre Sonderrolle bislang fair und untadelig ausgefüllt haben, sei jetzt ein Wandel notwendig. Dieser spiegele letztlich nur die Veränderungen im Internet-Wachstum der Zukunft, das in den Entwicklungsländern besonders groß ausfallen werde.

Gleichzeitig beginnt laut Annan mit den Diskussionen beim bevorstehenden Gipfel ein Dialog zwischen den Kulturen: der Welt der Internet Community und der Welt der Regierungen und internationalen Regierungsorganisationen. Man sei sich weitgehend einig, dass es eine größere internationale Beteiligung an der Netzverwaltung geben müsse. Der Dissens sei nur, wie man diese Beteiligung realisieren wolle. Ob sich diese Frage auf dem in der kommmenden Woche beginnenden Gipfel in Tunis klären lässt, ist angesichts der verhärteten Positionen allerdings noch völlig offen. (Monika Ermert) / (ciw)