eBay geht gegen Auswertungsdienst vor

Dem Betreiber eines eBay-Auswertungsdienstes wird untersagt, Bewertungsdaten über Kunden und Daten über aktuell eingestellte Verkaufsangebote zu verwenden.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

eBay hat vor dem Landgericht Berlin Ende Oktober eine einstweilige Verfügung gegen Martin Lesser erwirkt. Lesser ist der Inhaber der Firma Bettercom, die den eBay-Auswertungsdienstes Bewertungsprüfer betreibt. Ihm wird untersagt, ohne Zustimmung von eBay Bewertungsdaten über Kunden und Daten über aktuell eingestellte Verkaufsangebote zu verwenden. Damit darf Lesser keine Bewertungsanalysen mehr veröffentlichen. Auch darf er öffentlich keine Konkurrenzbeobachtung betreiben, Tabellen mit den transaktionsstärksten eBay-Mitgliedern veröffentlichen oder individuelle Erfolgsanalysen für eBay-Mitglieder erstellen. Bei Zuwiderhandlung drohen ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten. Den Streitwert legte das Landgericht auf 100.000 Euro fest.

Gegenüber heise online erklärte eine eBay-Sprecherin, dass Bettercom die Daten von den eBay-Seiten gesammelt weiterverwendet habe. Das Sammeln könne zu einer Leistungsbeeinträchtigung von Internet-Seiten führen. Damit werde "gegen Urheberrechte von eBay verstoßen und unnötiger Datenverkehr generiert". Dies habe eBay bereits vergeblich abgemahnt.

Obgleich die Verfügung "wegen besonderer Dringlichkeit" ohne mündliche Verhandlung angeordnet wurde, ist diese Dringlichkeit nicht ohne weiteres ersichtlich, da Martin Lesser seine Analysen bereits seit März 2004 anbot. Rund 200 Kunden konnte er für seine kostenpflichten Dienste gewinnen. Den Bewertungsprüfer haben seit Juni 2004 rund 150.000 eBay-Kunden genutzt. Erst im Frühjahr 2005 habe es mit eBay Gespräche über den Verkauf einiger Listen über die Online-Auktionsplattform gegeben. Ähnliche Dienste wie Toolhaus oder Nortica mit Sitz in den USA bieten übrigens noch immer ihre Auswertungsdienste im Netz an.

Laut Lesser habe eBay seinen Dienst bis August nicht beanstandet. Seither habe sich das Online-Auktionshaus aber darum bemüht, den Zugriff in einem Lizenzvertrag zu regeln. Dies habe er jedoch abgelehnt. Sein Anwalt Thomas Stadler: "Grundsätzlich greift auch Google mit einem Robot auf öffentlich zugängliche Daten zu." Er verweist auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.7.2003 zum Fall Paperboy. Das Gericht stellte damals fest, dass das Datenbankherstellerrecht aus § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG nicht verletzt werde, "wenn aus Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, die in einer Datenbank gespeichert sind, durch einen Internet-Suchdienst einzelne kleinere Bestandteile auf Suchwortanfrage an Nutzer übermittelt werden, um diesen einen Anhalt dafür zu geben, ob der Abruf des Volltextes für sie sinnvoll wäre." Dies gelte auch dann, wenn der Suchdienst dabei wiederholt und systematisch auf die Datenbank zugreift.

eBay weist darauf hin, dass die Daten auch über das Entwickler- oder Marktdatenprogramm gezielt abgefragt und auch gewerblich weiterverwertet werden könnten. Bettercom griff aber nicht auf diese Schnittstelle zurück. Zwar sind die Auswertungen darüber möglich, doch die kommerzielle Nutzung kostet Gebühren. Zudem sagt Lesser: "Die von mir erstellten kostenpflichtigen Teile wie etwa die so genannten Erfolgslisten lassen sich mit der API nicht realisieren, da ich Statistiken erstelle, die eBay selbst so gar nicht liefern kann.".

Die Zugriffe seien immer an eine Benutzerkennung gebunden, die jederzeit durch eBay deaktiviert werden könne. Lesser: "Bei jeder Analyse, die zwar für Käufer hilfreich ist, eBay aber nicht gefällt, laufe ich Gefahr, dass mir eBay den Zugang sperrt." Lesser kritisiert, dass er sich auch verpflichten müsse, unabhängig von der Mitgliedschaft in dem eBay-Entwicklerprogramm für alle Zeit auf andere Mittel zu verzichten, um auf eBay-Daten zuzugreifen.

Martin Lesser vermutet, dass seine zuletzt kritischen Auswertungsergebnisse eBay veranlasst haben, seinen Dienst zu verbieten. Den Anteil problematischer Auktionen gibt eBay mit 0,1 Promille an, also einem von 10.000 Fällen. Lesser hingegen kam zu dem Schluss, dass sich der Anteil der "nicht mehr registrierten" Mitglieder unter den TOP-10.000 der 11-Prozent-Marke nähere. Die TOP-10.000 sind Mitglieder, die mindestens 3.000 und mehr Transaktionen über eBay abgewickelt haben. Dazu gehören überdurchschnittlich viele der so genannten Powerseller.

Lesser: "Das heißt, dass unter den 10.000 Mitgliedern auf ebay.de, die die meisten Bewertungen haben, fast jeder neunte nicht mehr Mitglied ist -- und dies fast ausschließlich auf Veranlassung von eBay aufgrund von Unregelmäßigkeiten." Lesser stellte zudem fest, dass sich die Quote sogar auf 40 Prozent bei den Mitgliedern unter den TOP-10.000 belaufe, die ihr Profil auf "privat" gestellt haben. Bei diesen sind die Kommentare zu einzelnen Transaktionen nicht einsehbar. Die Umstellung auf Privatprofil sei in vielen Fällen kurz vor der Kündigung durch eBay erfolgt. Ein weiterer Grund findet sich aber auch in dem Antrag von eBay auf Erlass der einstweiligen Verfügung. Darin heißt es: "Letztlich muss es aber auch der Antragstellerin vorbehalten bleiben, durch Anbieten vergleichbarer Dienste wie der des Antragstellers neue Märkte zu erschließen." (Christiane Schulzki-Haddouti) / (jo)