Blauer Engel für Computer gestutzt

Früher gab es immerhin einige PCs von Dell und Fujitsu mit dem Blauen Engel, jetzt sucht man ihn vergeblich. Deshalb hat die Jury Umweltzeichen nun ihre Kriterien entschärft – eine herbe Schlappe für das Öko-Logo.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 48 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Die Jury Umweltzeichen, die den Blauen Engel vergibt, hat im Dezember ihre Anforderungen an PCs gesenkt. Das bestätigte das Umweltbundesamt gegenüber heise online. Der Rückzieher wirkt wie ein Eingeständnis, dass die Kriterien vorher zu streng waren. In der Geschichte des Blauen Engels stellt der Vorgang eine Ausnahme dar.

Erklärtes Ziel der Jury ist, die Kriterien so zu justieren, dass circa 30 Prozent der Produkte sie erfüllen. Bis Ende 2010 funktionierte das bei PCs halbwegs gut. Der Engel war strenger als andere Siegel, aber nicht zu streng: Drei Hersteller, darunter Dell und Fujitsu, warben mit ihm.

Lädiertes Logo: Die Kriterien des Blauen Engels waren so streng, dass kein aktueller Computer ihn trägt. Deshalb wurden sie nun gelockert.

(Bild: Jury Umweltzeichen)

Doch bei einer Verschärfung im Januar 2011 verschätzte sich die Jury offenbar. Seitdem ging kein einziger Antrag mehr ein. Käufer finden keinen PC, kein Notebook und keinen Monitor mit dem aktuellen Engel. Im Dezember machte die vorrangig mit Verbraucherschützern und Wissenschaftlern besetzte Jury einen Rückzieher: Sie strich einen Großteil der Anforderungen an Chemikalien in Kunststoffteilen.

Entwickelt hatten diese Kriterien Siddharth Prakash und seine Kollegen vom Freiburger Öko-Institut. Ziel sei die Angleichung an das Europäische Umweltzeichen (EU-Blume) gewesen, sagt er. "Die Kunststoffregeln waren vielleicht dann doch zu anspruchsvoll." Aus seiner Sicht brauchen die Hersteller mehr Zeit, Lieferantennachweise für einige Stoffe einzuholen. Für die Zukunft stellt er eine Rückkehr der Anforderungen in Aussicht.

Markus Stutz, Environmental Affairs Manager beim PC-Hersteller Dell, bestätigt, dass Zulieferer viele Kunststoff-Zusätze noch nicht benannt haben. Aber er bezeichnet die gekippten Anforderungen auch als "technisch nicht realisierbar": Bei einigen Stoffen sei klar, dass sie die Kriterien nicht erfüllen. Und diese seien nur durch ebenfalls ausgeschlossene und nach Ansicht von Umweltschützern gefährlichere Stoffe wie bromierte Flammschutzmittel ersetzbar. Darauf habe man die Jury frühzeitig hingewiesen.

Das Öko-Institut empfiehlt, auf Geräte mit dem TCO-Siegel oder Epeat Gold auszuweichen, solange es keine mit dem Blauen Engel oder der EU-Blume gibt.

(Bild: TCO)

Da die gestutzten Kriterien noch nicht veröffentlicht sind, können Hersteller noch keine Anträge stellen. Wer sich für einen "grünen" PC interessiert, muss deshalb wohl auch in den kommenden Monaten auf andere Siegel achten. Das TCO-Zeichen findet sich auf vielen Samsung-Laptops sowie Desktops von Lenovo und Dell. Das weniger strenge Epeat Gold tragen hunderte Geräte. (cwo)