EU will Rundfunk-Privileg bei Frequenzvergabe kippen

Die EU-Kommission hat ein Positionspapier für die kommende World Radiocommunication Conference der ITU veröffentlicht. Danach strebt Europa unter anderem eine Gleichberechtigung neuer Dienste mit den traditionellen Rundfunkanbietern an.

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Die EU-Kommission spricht sich dafür aus, weltweit mehr Frequenzen für die rasch wachsende Zahl mobiler Dienste frei zu machen. In einem aktuellen Positionspapier (PDF-Datei) steckt die Kommission diese und andere Prioritäten der Gemeinschaft für die diesjährige Wellenkonferenz (World Radio Communication Conference 2007, WRC 07) im Oktober und November ab.

Konkret schlägt die Kommission als wichtiges Verhandlungsziel vor, im so genannten C-Band (3,4 bis 4,2 GHz) zu einer klaren Aufteilung zwischen den Mobilfunksystemen und den von einigen Entwicklungsländern gleichzeitig betriebenen Breitbandbackbone-Diensten zu kommen. Aus Sicht der Kommission könnte dies durch eine Priorisierung der Dienste auf verschiedenen Frequenzen in diesem Bereich gelöst werden. Im UHF-Band (470 bis 862 Mhz) fordert die Kommission den Abschied von bisher bestehenden Vorzugsrechten für den Rundfunk in Europa. Da zusätzliche Kapazitäten für mobile Dienste – wie sie von den Anbietern seit einiger Zeit lautstark gefordert werdem – das erklärte Ziel seien, sollten Rundfunk- und Mobilfunkanbieter künftig den gleichen Status bei der Vergabe dieser Frequenzen bekommen. Das würde auch die Neuvergabe der durch zunehmende digitale Ausstrahlung von den Sendeanstalten frei gemachten Frequenzen ("digitale Dividende") betreffen.

Darüber hinaus will die Kommission den Frequenzbedarf der Wissenschaft – insbesondere der Erdbeobachtung und globaler Positionssysteme (Galileo lässt grüßen) – berücksichtigt wissen und weist auf Anforderungen des Flugverkehrs und der Nautik hin. Im Kurzwellenbereich sei neben den Bedürfnissen der Schifffahrt die Entwicklung neuer digitaler Radiosender zu berücksichtigen. Schließlich schreibt sich die Kommission die Überwindung der digitalen Spaltung in Europa auf die Fahnen und will dies in die Verhandlungen einbringen. Es sollten konkrete Industrieinitiativen unterstützt werden, die via Satellit ländliche und wenig vernetzte Gebiete mit Kommunikationsdiensten versorgen. Die aktuellen Antragsverfahren für den Satellitenbetrieb sollten nach Ansicht der Kommission erleichtert werden. Mehr Flexibilität bei der Frequenzregulierung will die Kommission ganz oben auf die Tagesordnung für die nächste Wellenkonferenz setzen. Die Agenda des Folgetreffens 2011 wird auf der WRC 2007 bestimmt.

Alle drei bis vier Jahre wird bei der von der International Telecommunication Union organisierten Zusammenkunft die Nutzung von Frequenzen weltweit koordiniert. Die Beschlüsse der Konferenz wirken sich langfristig darauf aus, welche Frequenzen nationale Regulierungsbehörden für verschiedene Dienste zur Verfügung stellen können. Die Kommission nimmt nur als stimmloses ITU-Mitglied an der Konferenz teil. In der mit Parlament und Rat abgestimmten Mitteilung weist sie jedoch darauf hin, dass die EU-Mitgliedsländer zwar eigenständig verhandeln können, aber nach EU-Recht und EG-Vertrag an die formulierten Gemeinschaftsziele gebunden seien. Aus Sicht der EU-Regulierer, die mit am Tisch sitzen, bedeutet das, dass sie die Gemeinschaftsziele auch bei der European Conference of Postal and Telecommunications Administrations (CEPT) berücksichtigen müssen. In der 1959 gegründeten CEPT koordinieren die inzwischen knapp 50 Mitgliedsstaaten eine gemeinsame Position.

Nicht allen nationalen Regulierern sind die Kompetenzansprüche der Kommission übrigens geheuer. Behördenvertreter warnten Ende vergangenen Jahres vor einer Konzentration der Aufsichtsbefugnisse im Telekommunikationsbereich auf EU-Ebene. Zwar sei die Stärkung von Technologie- und Diensteneutralität sowie der unbürokratische Zugang zu Frequenzen wünschenswert, doch dürfe dies nicht zu Lasten der Gestaltungsmöglichkeiten der Mitgliedsstaaten gehen. So gehe es bei den Kommissionsbegehrlichkeiten auch um "mehr Macht" für Brüssel. (vbr)