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Was war. Was wird.

Ob Tortenwurf auf Minister oder Leistungsschutz für Schnipsel – in seinem CeBIT-Zapfenstreich ignoriert Hal Faber geflissentlich derlei "Nicht-Ereignisse" und folgt stattdessen Pfaden, die nach Digitalien führen.

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Von
  • Hal Faber

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

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Schnipsel, schöne Schnipsel, frische Schnipsel! Wer will noch mal, wer hat noch nicht? Mit Google News angefangen, über Microsoft Bing bis hin zu DuckduckGo habe ich am Freitagabend die jeweilige Top-News zum Thema CeBIT in fünf Suchmaschinen abgefragt. Sie wurden mitsamt jener "Snippets" kopiert, für die die deutschen Verleger Geld nehmen wollen, weil sie eine unglaublich wagemutige verlegerische Tat darstellen. Das geplante neue Leistungsschutzrecht lässt grüßen, geboren aus der Verärgerung darüber, dass Dritte eigenen Content übernehmen und damit wiederum das Geld verdienen. Sieht man einmal vom kleinen Schönheitsfehler ab, dass meine CeBIT-Suche im ersten und letzten Fall keinen verlegerisch hochgehandelten Snippet, sondern schlichte Werbung unter den Mauszeiger spülte, ist die eingefangene und verlinkte Leistung eher bescheiden. Vom Informationsgehalt her ist die Tatsache, dass Minister Rösler mit einer Torte beworfen wurde, noch die verständlichste Aussage über die CeBIT. Tatsächlich reicht mir die Aussage und ich klicke nicht weiter zur Stuttgarter Zeitung, der damit eine Einnahme entgeht. Die Attacke eines Piraten mit einer Käsecreme-Aprikosentorte lief am vergangenen Donnerstag durch Twitter und interessierte mich schon da nicht. Dass die Piraten eine verkappte FDP-Truppe sind und die gegenseitige Abneigung dieser beiden Parteien besonders groß ist, kann nicht als neue Information gewertet werden. Was wird das seltsame Leistungsschutzrecht bringen außer der Erkenntnis, dass Verleger Anti-Visionäre sind? Wie war das noch mit dem Öl des 21. jahrhunderts? Wird es aus toten Bäumen gepresst?

Was sonst noch war auf dieser CeBIT, kann komplett mit lesbaren und kostenlosen Snippets hier bei Heise betrachtet werden. Groß angekündigt, aber Magerquark im Resultat, förderte das Social Command Center der CeBIT seltsame Ergebnisse zu Tage: Am Donnerstag wurden Ultrabooks in der Social Media-Szene doppelt so häufig diskutiert wie das neue iPad, am Mittwoch beherrschte angeblich @neeliekroeseu die Szene, die EU-Kommissarin Neelie Kroes, ganz ohne Torte und zu Guttenberg. Auch der Streik im öffentlichen Dienst war auf der CeBIT ein Nicht-Ereignis wie Windows 8, sieht man davon ab, dass eine ernsthafte Standortbestimmung nicht erwünscht war.

Mitunter hatte ich den bizarren Eindruck, diese CeBIT 2012 stecke im Jahre 1997 fest, kurz bevor der große Megagagaballerboom im Internet begann: Die logische Sekunde feiert fröhliche Wiederkehr. Anno 1997 bezeichnete die logische Sekunde die Zeit, in der Daten in einem Router gespeichert sind und der Zugriff auf sie nicht unter das Telekommunikationsgesetz fiel. Nun ist sie wieder da, die logische Sekunde, als Bezeichnung der Zeitspanne, in der De-Mail entschlüsselt und auf Spam geprüft wird. Überhaupt ist diese neue De-Mail sooo 1997, dass es kracht: 15 Jahre nach Inkrafttreten des Signaturgesetzes baut man in Deutschland das Mail-System auf, das damals eingeführt werden sollte. Damals, als das Internet mit Modem oder schwerst modern mit ISDN-Router betreten wurde, war die Netzwelt nicht flat, sondern teuer. Und heute? Der De-Mail-Brieftarif "Mini" bei den Frankiermaschinen-Spezialisten Francotyp Postalia gilt für E-Mail <50 KByte und kostet 0,28 Euro, dann kommt der "Standard"-Brief mit den Maßen >50 KByte <1 MByte für 0,33 Euro und für richtig schwere Sachen gibt es den "Maxi"-Brief für 0,66 Euro und den Maßen >1 MByte <10 MByte. In der logischen Sekunde, in der die De-Mail auf Spam geprüft wird, wird der Brief auch schnell einmal gewogen. Logisch, praktisch, aber gut?

Beim Lesen der vor Gericht eingereichten Klage als Hintergrund zu dieser Meldung über den LulzSec-Anführer Sabu verfestigen sich allmählich finstere Gedanken. Man kann verschiedene Schlussfolgerungen über die Monsegur Five ziehen. Eine davon ist die, dass das FBI in der Lage ist, Tor-Daten auszuwerten. Das ist wenig erstaunlich, da Tor zu Beginn mit Regierungsgeldern entwickelt wurde. Ein anderer Schluss muss nach der Triumph-Meldung zum Stratfor-Hack gezogen werden, der offenbar unter Aufsicht des FBI stattfand, das zu dieser Zeit den Super-Hacker Sabu bereits in enger Führung durch eigene Agenten kontrollierte. Das FBI erlaubte den Stratfor-Hack, damit die Kanäle untersucht werden konnten, auf denen Wikileaks Informationen bekommt. Offenbar waren die Informationen, die Stratfor für viel Geld an seine Kunden verkauft, nicht sehr bedeutsam. Wikileaks wurde mit viel Fluff, Liff und Labenz gefüttert.

Früher war alles besser, na klar. "Viele kamen allmählich zu der Überzeugung, einen großen Fehler gemacht zu haben, als sie von den Bäumen heruntergekommen waren. Und einige sagten, schon die Bäume seien ein Holzweg gewesen, die Ozeane hätte man niemals verlassen dürfen." Heute, am 60. Geburtstag von Douglas Adams, stehen wir auf den Holzwegen, die nach Digitalien führen und müssen ohne ihn weitergehen, immer immer weitergehn. Es gilt, unbequeme Meinungen gegen alle Anfechtungen zu verteidigen wie die von der Erde, die nur eine Auftragsarbeit der pandimensionalen Wesen ist, die wir Menschen nur in Gestalt weißer Mäuse sehen können. Nein, werter Herr Glaser, das Internet ist keine Katze und transportiert keinen Katzencontent. Wenn doch, ist etwas schiefgegangen.

Nach der CeBIT ist vor der Droidcon, auch das ist weitergehn. Die junge Garde der IT will bestaunt werden und die digitalen Innovatoren sowieso. Seit der CeBIT-Predigt des Herrn Schmidt wissen wir, dass jeder Mensch online sein will, auch unser neuer, fein austariert gewählter Bundespräsident.

Zum Abschied des Alten gab es ein Späßchen, das die Juristen unter dem Stichwort akustische Körperverletzung zu Höchstleistungen anspornen dürfte. Wir sind so frei mit unserer Meinung. In anderen Ländern sieht es düster aus: Am 12. März findet der Welttag gegen Internetzensur statt. Birma, China, Kuba, Iran, Nordkorea, Saudi Arabien, Syrien, Turkmenistan, Usbekistan und Vietnam, die alten Feinde des Internet aus dem Jahre 2011, sind sicher wieder dabei, auch wenn zumindest in Birma Anzeichen für eine Besserung gesichtet worden sind. Dafür gibt es genug Neuzugänge, man denke nur an Bahrain, Belarus und Kasachstan. Der Gruß der Netzbürger geht an die Netzbürger in der Hölle von Syrien. (ssu)