Mecklenburg-Vorpommern: Weniger Geld für Infrastruktur

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Von
  • Martin Franz

Dem Regionalverkehr und Straßenbau in Mecklenburg-Vorpommern stehen aus Geldmangel drastische Einschnitte bevor. Als erstes kündigte das Land den Betrieb von 17 der am wenigsten genutzten Zugverbindungen. „Wir können es nicht den Passagieren auf der "Titanic" gleichtun, die fröhlich weiter Sekt bestellten, während das Schiff auf die Kollision zusteuerte“, begründete Verkehrs- und Infrastrukturminister Volker Schlotmann (SPD) am Dienstag in Schwerin die geplanten Änderungen.

Für Straßenbau-Investitionen stünden den Prognosen zufolge schon in fünf Jahren nur noch 15 Prozent der benötigten 80 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Derzeit könne der Investitionsbedarf für Landstraßen wenigstens noch gut zur Hälfte gedeckt werden. Noch drastischer falle der Rückgang beim kommunalen Straßenbau aus.

Als Grund nannte Schlotmann, dass sowohl die EU, die von 2007 bis 2013 rund eine halbe Milliarde Euro für den Ausbau der Infrastruktur in den Nordosten pumpe, als auch der Bund die Zuwendungen an das Land drastisch zurückfahren. „Darauf müssen wir vorbereitet sein und die Weichen auch für die fernere Zukunft stellen“, betonte der Minister. Für eine Reihe von Regionalzügen, in denen zuletzt nur noch jeweils 2 bis 30 Passagiere unterwegs waren, führt diese Weichenstellung schon jetzt aufs Abstellgleis. Dabei gehe es um etwa vier Prozent aller 17,7 Millionen Zugkilometer im Land.

Die Kürzungen betreffen Straßen- und Bahnverkehr.

Die Streichungen seien bereits beschlossen. Betroffen sind laut Schlotmann Züge an den Wochenenden und in den frühen Morgen- oder späten Abendstunden, unter anderem zwischen Stralsund und Neustrelitz, Hagenow und Schwerin, Peenemünde und Zinnowitz sowie Wismar und Rostock. Dort, wo nicht Reisemöglichkeiten mit anderen Zügen bestünden, kämen Busse oder Ruftaxis zum Einsatz.

Von den zum Fahrplanwechsel im Dezember 2011 wirksamen Zugstreichungen verspricht sich Schlotmann Kosteneinsparungen von 8,5 Millionen Euro im Jahr. Der Bund gewähre derzeit etwa 190 Millionen Euro jährlich für die Finanzierung des Schienennahverkehrs. Vor allem wegen der immer höheren Energie- und Trassenkosten reiche das Geld aber nicht mehr aus, so dass das Land zuschießen müsse, in diesem Jahr etwa 5 Millionen Euro. Doch drohten Mecklenburg-Vorpommern zudem drastische Kürzungen, da die Gesamtmittel des Bundes sinken und andere Bundesländer auf einen neuen Verteilungsschlüssel drängten. Schlimmstenfalls stehe ein Drittel weniger Geld zur Verfügung.

Schlotmann will auch die Landeszuschüsse für Monats- oder Jahresfahrkarten der Azubis auf den Prüfstand stellen. Derzeit übernehme das Land bei jedem Lehrling oder Studenten 141 Euro im Jahr. „Das ist doppelt so viel wie in Rheinland-Pfalz und eine Drittel mehr als in Schleswig-Holstein“, erklärte Schlotmann weiter.

Die verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag, Mignon Schwenke, gab dem Bund die Hauptschuld an den Einschnitten zulasten der Zugreisenden. „Eine solch verfehlte Politik senkt die Attraktivität des ÖPNV und verschärft die Spirale: Immer weniger Menschen nutzen öffentliche Verkehrsmittel, was erneut zu Kürzungen im Streckennetz führt“, erklärte Schwenke. Dies sei das falsche Signal. Im Interesse des Umwelt- und Klimaschutzes müsse der CO2-Ausstoß reduziert und der Individualverkehr verringert werden. Sparen am falschen Ende führe aber dazu, dass wieder mehr Menschen auf das Auto umsteigen, beklagte die Oppositionspolitikerin. Bahn müsse nach den Bedürfnissen der Menschen geplant werden.

Die Grünen argumentierten ähnlich. „Streichungen von Zugverbindungen macht den Bahnverkehr immer unattraktiver. Je mehr ausgedünnt wird, umso weniger kann die Bahn im Alltag noch genutzt werden“, erklärte Fraktionschef Jürgen Suhr. Die Angebote dürften sich nicht nur nach Kassenlage richten, sondern müssten „die Bedürfnisse der Menschen in unserem Flächenland im Auge behalten“. (dpa) (mfz)