Retrospektive des Mobile World Congress 2012

Aus Entwicklersicht waren auf dem Mobile World Congress die wachsende Bedeutung von HTML5, alternative Abrechnungsmethoden und proprietäre APIs für spezielle Funktionen von Mobiltelefonen oder Fahrzeugen die hervorstechenden Trends.

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Von
  • Kay Glahn
Inhaltsverzeichnis

Auf dem Mobile World Congress, der von 27. Februar bis 1. März in Barcelona stattfand, kam wieder alles zusammen, was Rang und Namen in der mobilen Welt hat. Aus Entwicklersicht waren die wachsende Bedeutung von HTML5, alternative Abrechnungsmethoden und proprietäre APIs für den Zugriff auf spezielle Funktionen von Mobiltelefonen oder Fahrzeugen die hervorstechenden Trends der Messe.

Laut Veranstalter hat die Messe mit über 67.000 Teilnehmern aus 205 Nationen erneut einen Besucherrekord aufgestellt und soll deshalb ab dem nächstes Jahr auf das größere Gelände der Fira Gran Via in Barcelona verlegt werden.

(Bild: GSM Association)

Die zentrale Anlaufstelle für Entwickler war auf dem MWC die App-Planet-Veranstaltung. Bei dieser galt es, neben der Ausstellung mit mehr als 200 Unternehmen und Organisationen wichtige Player der mobilen App-Entwicklung zusammenzubringen. Neben Fachvorträgen im Rahmen eines Forums zu Themen wie Augmented Reality, LTE, Mobile Cloud und Mobile Security gab es spezielle Entwicklerveranstaltungen von Unternehmen wie IBM, Nokia, Research in Motion und Samsung im Rahmen sogenannter App Developer Conferences sowie dem aus den Vorjahren bekannten WIPJam, bei dem Entwickler vor allem zum Networking und zu Diskussionsrunden zu bestimmten technischen Themen zusammengebracht wurden.

Hinsichtlich HTML5 verdient vor allem die Ankündigung von Telefónica Digital und Mozilla Aufmerksamkeit. Beide haben auf dem MWC eine gemeinsame Strategie angekündigt, um eine neue Plattform mit der Bezeichnung Open Web Devices (OWD) für HTML5-Endgeräte zu entwickeln. Damit wollen die Beteiligten HTML5 als die nächste vorherrschende Plattform in der mobilen Welt etablieren. Ziel der Kooperation soll es außerdem sein, Geräte mit Smartphone-Funktionen zu einem wesentlich günstigeren Preis anbieten zu können. Es war von einem Verkaufspreis von unter 100 Euro die Rede. Von Telefónica soll es bereits in diesem Jahr solche Geräte geben. Auch Qualcomm und Adobe konnte Mozilla als Partner für das Projekt gewinnen, und die Deutsche Telekom hat angekündigt, dass sie das "Boot to Gecko"-Projekt der Mozilla Foundation unterstützt, das hiermit in engem Zusammenhang steht.

Einen Prototypen des HTML5-Smartphones von Mozilla konnte man bereits bestaunen.

(Bild: Mozilla Foundation)

Auch der deutsche Softwarehersteller Uxebu hat Neues aus der HTML5-Welt zu berichten. Mit seinem Tool möchte er Flash nach HTML5 konvertieren und somit Flash-Inhalte fit für Plattformen wie iOS machen, die diese Technik nicht unterstützen.

Mit der Ringmark Test Suite möchte Facebook die Kompatibilität mobiler Browser verbessern.

(Bild: Facebook)

Brett Taylor, CTO von Facebook, unterstrich darüber hinaus in einer Präsentation die Relevanz des mobilen Webs für sein Unternehmen. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass HTML5 zwar als das Mittel der Wahl in der Branche angepriesen werde, die Fragmentierung zu reduzieren, dass man derzeit aber auf 100 Geräten auch 100 Versionen von HTML5 vorfinde. Um hier Abhilfe zu schaffen, arbeitet Facebook offenbar mit über 30 anderen Firmen im Rahmen des W3C an der Core Mobile Web Platform.

In dem Zusammenhang hat Facebook eine Test-Suite für mobile Browser mit dem Namen Ringmark angekündigt, die es ermöglichen soll, auf einfache Weise zu überprüfen, inwieweit ein mobiler Browser konform mit dem HTML5-Standard ist.

Ein anderes wichtiges Thema war die Ankündigung zahlreicher Hersteller und Anbieter, Operator Billing in ihren Plattformen und App-Stores zu unterstützen. Hierunter versteht man die Abrechnung digitaler Inhalte über die Telefonrechnung des Telekommunikationsanbieters. Da bisher vor allem die großen Systemanbieter wie Apple und Google an den Einnahmen partizipieren, die Entwickler und Content-Anbieter über deren App-Stores generieren, gingen die Netzbetreiber immer öfter leer aus. Durch die Anbindung von immer mehr App-Store und Plattformen an das Operator Billing könnte sich die Situation in Zukunft ändern und gleichzeitig zahlreiche neue Vertriebswege für Entwickler eröffnen.

Auch Facebook setzt auf diesen Trend und hat in Barcelona eine Partnerschaft mit zahlreichen Netzbetreibern angekündigt, um das Operator Billing sowohl für den Benutzer als auch für den Entwickler erheblich zu vereinfachen. Hierdurch soll vor allem die sogenannte SMS Device Verification entfallen, die den Benutzer bisher aus dem normalen Ablauf der Anwendung geworfen hat. In Zukunft sollen Zahlungen im mobilen Web mit einer einfachen Bestätigung des Kaufs möglich sein. Der Entwickler hingegen soll ein einfaches SDK bereitgestellt bekommen, mit dem er eine globale Abdeckung erreichen kann. Zurzeit arbeiten AT&T, Deutsche Telekom, Orange, Telefónica, T-Mobile USA, Verizon, Vodafone, KDDI und SoftBank mit Facebook an dem Projekt zusammen.

Die Wholesale Applications Community (WAC) hat während des MWC die Beta-Version ihrer In-App Billing Network API bekannt gegeben. WAC arbeitet mit den Netzbetreibern AT&T, Deutsche Telekom, KT, LG U+, Telefonica, Telenor, Telekom Austria Group, SK Telecom und Smart Communications zusammen, die die Abrechnung von Einkäufen digitaler Güter über die Mobilfunkrechnung mit der API unterstützen. Entwicklern soll auf diese Weise ein einfacher und zuverlässiger Bezahl-Service für die Monetarisierung von Apps über Plattform- und Technikgrenzen hinweg angeboten werden. Hierbei wurde vor allem ein sogenanntes "near real-time reporting" unterstrichen, mit dem WAC-Entwickler Preisänderungen implementieren und ein umgehendes Feedback über deren Auswirkung bekommen können sollen.

WAC hat außerdem eine Partnerschaft mit der Softwarefirma Exadel angekündigt, in deren Rahmen Exadels Cloud-basierte Entwicklungsumgebung Tiggzi Mobile App Builder nun ebenfalls die In-App Billing API der WAC unterstützt, sodass Nutzer der damit erstellten Apps nun nicht mehr auf eine Kreditkarte oder ein PayPal-Konto angewiesen sind. Bei Tiggzi handelt es sich um eine Entwicklungsumgebung zum Erstellen von HTML5-, jQuery-Mobile-, PhoneGap- und mobilen REST-Apps. Sie ermöglicht mit Assistenten und Vorlagen das Erstellen von Apps innerhalb weniger Minuten für fast jede Plattform.

Auch Research In Motion hat auf dem MWC bekannt gegeben, dass nun über 40 Netzbetreiber auf der ganzen Welt eine integrierte Abrechnung für ihre Kunden in der BlackBerry App World anbieten. Hiermit bietet RIM seinen Kunden eine einfachere Abrechnung von Apps und anderen digitalen Inhalten über deren Mobilfunkrechnung.

Der Browserhersteller Opera hat in Barcelona ebenfalls angekündigt, in Zukunft die Abrechnung über die Mobilfunkrechnung des Netzbetreibers zu ermöglichen. Hierfür soll das Opera Payment Exchange (OPX) zum Einsatz kommen. Dabei handelt es sich um einen in Operas Mini-Browser integrierten Bezahlmechanismus, der APIs bereitstellt, die Nutzern des Mini-Browsers die Abwicklung von Zahlungstransaktionen vor allem auf niedrigpreisigen Geräten ermöglichen sollen.