Der Roboter als Freund

Kommt nach dem persönlichen Computer nun endlich auch der persönliche Butler? Das Konsortium "Robot Companions for Citizens" bewirbt sich mit dem Plan, einen "einfühlsamen Roboter" zu bauen, um den Status eines europäischen Leuchtturmprojekts.

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Kommt nach dem persönlichen Computer nun endlich auch der persönliche Butler? Das Konsortium "Robot Companions for Citizens" bewirbt sich mit dem Plan, einen "einfühlsamen Roboter" zu bauen, um den Status eines europäischen Leuchtturmprojekts.

Die Maschine rollt leise über den Teppichboden. Dann dreht sie sich wie suchend langsam um die eigene Achse, ändert den Kurs und fährt weiter. Der Kopf am schlangenartigen Hals pendelt langsam von einer Seite zur anderen, die langen Plastikhaare an der kegelförmigen Schnauze vibrieren leicht. Da, eine Berührung – der Kopf wird gedreht, die Haare tasten leicht über das Bein des Reporters. Dann wendet sich der Roboter ab, um die Gegend weiter zu erkunden. Das Ding, das seine Entwickler "Shrewbot" genannt haben, sieht mit seiner spitzen Schnauze und den Barthaaren tatsächlich ein bisschen aus wie eine Spitzmaus (engl. shrew). Und obwohl ganz deutlich sichtbar eine Maschine mit Rädern und einem Display auf dem Rücken, wirkt der Roboter doch seltsam lebendig. Der Erstkontakt löst beim Besucher eine leichte Gänsehaut aus – als wäre er ein außerirdisches Wesen.

Da bleibt nur zu hoffen, dass spätere Anwender weniger fremdeln. Denn die Arbeit an Robotern wie dem Shrewbot und anderen "biomimetischen" Maschinen bildet die Grundlage für einen "mit Menschen kompatiblen" Roboter, der ältere Personen im Alltag unterstützen soll, erklärt Paul Verschure, Sprecher des Konsortiums "Robot Companions for Citizens" (RCC). Mit diesem ehrgeizigen Entwicklungsprogramm bewirbt sich die Gruppe als eine von sechs Forschungsgemeinschaften um den Status eines europäischen Leuchtturmprojekts. Die beiden Sieger sollen nach den Plänen der EU jeweils über zehn Jahre mit insgesamt bis zu einer Milliarde Euro gefördert werden.

Dem Konsortium geht es nicht um selbstfahrende Servierwagen, die Zeitungen, Pillen oder die TV-Fernbedienung ans Krankenbett bringen, sondern um echte Gefährten. "Das Ziel sind Maschinen, denen wir vertrauen können", sagt Paolo Dario, Leiter des Konsortiums und Professor für biomedizinische Robotik an der Scuola Superiore Sant'Anna in Pisa. "Wir wollen die Geheimnisse der Wahrnehmung, des Verstandes und der Emotionen von biologischen Systemen lüften und diese Erkenntnisse auf Maschinen anwenden." Am Ende dieses enormen Programms steht für Dario dann ein "empfindungsfähiger" Roboter: "Empfindungsfähigkeit ist die Kombination von Wahrnehmung, Kognition, Emotion und Aktion in einem Körper", schwärmt der Forscher. "Wir wollen Maschinen entwickeln, die ein Bewusstsein von sich selbst, von anderen und der Umwelt haben. Diese Maschinen werden Aufgaben erfüllen können, wozu herkömmliche Roboter nicht in der Lage sind. Es wird ihnen möglich sein, Menschen und Tiere zu verstehen."

Bis dahin müssen die Forschungsgruppen, die sich bereits in der Aufbauphase in dem Konsortium zusammengeschlossen haben, allerdings noch einen weiten Weg zurücklegen. Denn traditionelle Industrieroboter, die beispielsweise Autokarosserien schweißen, kann man zwar auf eine genau festgelegte Abfolge von Aktionen programmieren, die sie ohne zu ermüden in rasendem Tempo erledigen. Das funktioniert aber in der Regel nur in einem Umfeld, das exakt definiert ist und sich nicht während des laufenden Arbeitsgangs verändert. Der Roboterarm muss das Werkstück zu einer definierten Zeit an einer ganz bestimmten Stelle vorfinden, sonst wird er ins Leere greifen. Um Probleme dieser Art zu vermeiden, kann man Roboter zwar mit einer ganzen Reihe von Sensoren ausstatten. Die Verarbeitung dieser Sensordaten zu einem Modell, mit dem die Maschine planen kann, erfordert jedoch eine Menge Berechnungen. In der industriellen Praxis arbeiten die Entwickler daher oftmals eher daran, die Prozesse an die Roboter anzupassen als umgekehrt.

Ein Haushalt ist aber beileibe keine Fabrikhalle: Die Beleuchtung variiert im Laufe des Tages, Möbel werden bewegt, Gegenstände hin und her geräumt – und vor allem hat der Roboter mit Lebewesen zu tun, die nach ihrem eigenen Willen handeln. Eine Maschine so zu programmieren, dass sie in solch einer veränderlichen Umgebung und lediglich mit – notwendigerweise – fehlerbehafteten und unvollständigen Sensorinformationen ausgerüstet planvoll agieren kann, überfordert die Forschung noch immer. Was Menschen selbstverständlich erscheint – aufeinander Rücksicht zu nehmen, die Wünsche und Vorstellungen anderer zu verstehen und auf sie einzugehen –, ist für Roboter noch immer eine unlösbare Aufgabe. Und das, obwohl die KI-Forschung bereits in den 1950er-Jahren versprochen hatte, eine "denkende Maschine" zu schaffen.