Innenminister legt bei Kritik an EU-Datenschutzplänen nach

Der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich hält eine weitere Richtlinie für den Sicherheitssektor für unnötig. Allein für die Wirtschaft sei es wichtig, Vorschriften zu synchronisieren.

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Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich will den Bereich "Bürger ­– Staat" aus der geplanten neuen EU-Datenschutzverordnung heraushalten. Nur für die Wirtschaft sei es wichtig, Vorschriften zu synchronisieren, nicht jedoch für staatliche Stellen, erklärte der CSU-Politiker am Dienstag auf einer Konferenz in Berlin. "Wie wir ein deutsches Waffenregister führen und unser Melderecht machen, braucht Brüssel nicht zu interessieren", betonte Friedrich. In diesem gesamten Komplex gebe es viele bereichsspezifische datenschutzrechtliche Regeln. Er könne nicht erkennen, "wieso wir das ohne Not jetzt opfern sollen".

Bereits vor der Veröffentlichung der Entwürfe zur Datenschutzmodernisierung aus Brüssel hatte der Minister die Vorstellungen der EU-Kommission in Frage gestellt, auf vielen Gebieten eigenes Recht an die Stelle nationaler Vorschriften zu setzen. Friedrich kritisierte nun weiter, dass Brüssel just die eigenen Institutionen von den ausgedachten neuen Bestimmungen ausnehmen wolle. Dazu habe es sich die Kommission an 46 Stellen vorbehalten, Regeln der Verordnung eigenhändig über "delegierte Rechtsakte" anzupassen. Stellschrauben seien zwar prinzipiell nötig, um auf technische und gesellschaftliche Entwicklungen reagieren zu können, die EU-Kommission dürfe diese aber nicht allein bedienen können.

Friedrich lehnt die Idee ab, dass nationale Datenschutzbeauftragte von Brüssel aus gelenkt werden sollten. Hier müsse das bestehende System der demokratischen Kontrolle bestehen bleiben. Einen "ministerialfreien Raum" für Datenschützer dürfe es trotz des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur völligen Unabhängigkeit der Datenschützer nicht geben.

Friedrich setzte sich für ein "effektives, anwenderfreundliches Datenschutzrecht" ein. Es müsse klar, verständlich und auch für Mittelständler handhabbar sein. Im Internet dürfe es nicht nur noch die großen Konzerne als Akteure geben, nur weil sie große Rechtsabteilungen hätten. Das vorgesehene "Recht auf Vergessen" wertete der Minister in diesem Zusammenhang als technisch "sehr anspruchsvolle Herausforderung". Ein abgeschickter Brief könne auch in der analogen Welt nicht mehr zurückgeholt werden.

Auf keinen Fall dürften eigene Daten im Netz "eigentumsrechtlich" gesichert werden, wenn etwa ein Nutzer ein Foto eines anderen auf einer Pinnwand im Web poste: Datenschutz dürfe kein zweites Urheberrecht werden. Das vom Bundesverfassungsgericht begründete "Recht auf informationelle Selbstbestimmung" sei ausreichend und müsse nach Europa hinein gerettet werden.

Für den Unternehmensbereich sprach sich Friedrich dafür aus, über die Verordnung einen rechtlichen Rahmen für die Selbstregulierung zu schaffen. Dies sei im Entwurf bereits angelegt. Als sinnvoll bezeichnete er es zudem, Daten nach ihrem Risiko zu bewerten. So dürften Satellitenbilder und Geodaten nicht generell als besonders riskant für die Sicherung der Privatsphäre eingeschätzt werden: "Wenn wir anfangen zu verpixeln, sind die Daten von vielen Apps nicht mehr zu verwenden."

Die von der Kommission zusätzlich vorgesehene weitere Richtlinie für den Sicherheitssektor bezeichnete der Innenpolitiker als unnötig. "Die Hälfte unserer modernen Sicherheitsgesetze besteht aus Datenschutzvorschriften." Es gebe für Justiz und Polizei schon "sehr spezifische Regelungen". Zudem existierten unterschiedliche Polizeirechte in den Bundesländern, die "wir den Europäern nicht zu Füßen legen können".

Der Minister steht mit seiner Kritik in der EU nicht allein da. Die Datenschutzarbeitsgruppe des EU-Rats befasste sich Ende Februar erstmals mit den Datenschutzinitiativen der Kommission. Laut dem Protokoll (PDF-Datei), das die Bürgerrechtsorganisation Statewatch veröffentlicht hat, halten die Mitgliedsstaaten zwar eine grundlegende Reform für wünschenswert. Viele haben aber ernsthafte Bedenken, dass die Pläne entgegen ihrer Zielsetzung mehr Bürokratie und Lasten sowohl für den privaten als auch den öffentlichen Sektor mit sich brächten und gerade im Sicherheitsbereich zu weit gingen. (anw)