Image-Desaster, hausgemacht

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 7 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Axel Vahldiek

Image-Desaster, hausgemacht

Das kachelartige Metro-Design der Beta-Version von Windows 8 sorgt für reichlich Diskussionsstoff: Während sich die einen nicht dran stören, finden andere es nur furchtbar - siehe Leserforum ab Seite 10. Toll findet es hingegen kaum jemand. Das irritiert, denn eigentlich ist Metro doch eine feine Sache: Auf dem Windows Phone sorgt es mit seiner wohltuenden Schlichtheit für Übersicht und leichte Bedienbarkeit. Und wer die Beta von Windows 8 mal auf einem Touchscreen erlebt hat, stellt auch dort fest, dass es sich mit dem Finger prima bedienen lässt. Wenn die Anzahl der Apps erst mal die kritische Masse erreicht hat, dürfte das neue Windows tatsächlich alle Voraussetzungen erfüllen, um auf Tablets konkurrenzfähig zu sein - auch wenn das Schicksal von Windows Phone bislang zeigt, dass eine gute Bedienoberfläche allein für einen Markterfolg nicht ausreicht.

Warum also die teils heftige Ablehnung? Eine der Ursachen dafür dürfte sein, dass mangels Touch-Geräten die Beta auf herkömmlichen Desktop-PCs und Notebooks landet. Dass Microsoft auch auf diesen Geräten vom Anwender verlangt, sich mal eben an wechselnde Optik und Bedienkonzepte zu gewöhnen, ist dabei gar nicht das entscheidende Problem. Die meisten Anwender sind jederzeit bereit für Neues, wenn sie nur erkennen, was sie im Gegenzug für Vorteile erhalten - iPhone, iPad und Android haben es vorgemacht. Doch bei der Beta ist auf herkömmlichen PCs von den Vorteilen der Touch-Optimierung nichts zu spüren. Stattdessen sitzt man als erstes einem Startscreen gegenüber, der funktional einen dramatischen Rückschritt im Vergleich zum Windows-7-Startmenü darstellt.

So hat Microsoft ohne Not das Suchfeld versteckt. Hat man es endlich gefunden, stellt man fest, dass die Suche nach Dateien oder Einstellungen zusätzliche Mausklicks erfordert. Das Windows-7-Startmenü zeigt oft gestartete Anwendungen prominent an, der Metro-Startscreen weiß nichts davon. Am Windows-7-Startmenü kann man Anwendungen so anheften, dass sie ebenfalls ganz vorn auftauchen - was man am Startscreen anheftet, ist ohne Scrollen nicht zu sehen. Und wo sind die schnellen Links in die Systemsteuerung, die Verwaltung oder in den Download-Ordner geblieben? Selbst etwas so Simples wie der Knopf zum Herunterfahren ist in einem normalerweise unsichtbaren Menü versteckt, und es erfordert doppelt so viele Klicks, ihn zu erreichen.

Was bleibt, ist ein unsortierter Kachelhaufen, der funktional dem unübersichtlichen Startmenü von Windows 95 ähnelt. Das existiert zwar auch unter Windows 7 noch, aber gut versteckt hinter "Alle Programme" - egal, es war für viele ohnehin längst verzichtbar. Doch nun zerrt Microsoft es wieder ans Licht, was sich für das Image von Windows 8 als fataler Missgriff entpuppt. Denn beim Anwender entsteht so als erster Eindruck: Du musst hier nicht nur den Umgang mit dem Betriebssystem neu erlernen, sondern dann auch noch auf bewährte Funktionen verzichten. Und der erste Eindruck zählt bekanntermaßen. (axv)