Gericht: Erstanrufe zu Marktforschungszwecken benötigen keine Einwilligung [Update]

Ein Verbot von Erstanrufen würde einen erheblichen Eingriff in die geschützte Berufsfreiheit der Marktforschungsinstitute darstellen, entschied das Amtsgericht Hamburg-St. Georg.

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Von
  • Dr. Noogie C. Kaufmann

Trotz fehlender vorheriger Einwilligung dürfen Unternehmen zu Zwecken der Marktforschung Privatpersonen anrufen. Das hat das Amtsgericht Hamburg-St. Georg entschieden (Az. 918 C 413/03). Ein Erstanruf sei unter anderem nicht mit ungebetener E-Mail-Reklame oder SMS-Werbung zu vergleichen.

Auslöser des Rechtsstreits waren zwei Telefonate eines Marktforschungsinstituts, das eine Studie zum Thema "Philatelie" durchgeführt und zu diesem Zwecke den späteren Kläger angerufen hatte. Der Kläger, ein Rechtsanwalt, stand mit seiner privaten Rufnummer weder in irgendeinem öffentlichen Telefonbuch, noch hatte er derartigen Anrufen zugestimmt. Um weiteren ungebetenen Anrufen zu entgehen, schickte der Anwalt dem Institut eine Abmahnung, in der er die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und den Ersatz seiner Gebühren verlangte. Nachdem das Marktforschungsinstitut beides ablehnte, erhob der Anwalt Klage. Zur Begründung führte er an, das mangels seiner vorherigen Einwilligung auch Erstanrufe einen rechtswidrigen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht darstellen.

Zu Unrecht, wie das Amtsgericht entschied. Zwar liege ein Eingriff vor, dieser sei aber nicht rechtswidrig. Einerseits handle es sich bei Anrufen zu Marktforschungszwecken gar nicht um Werbung, sondern um "echte zweiseitige Kommunikation", da der Anrufer an den Angerufenen mit dem Wunsch nach Kommunikation herantrete. Andererseits würde ein Verbot von Erstanrufen einen erheblichen Eingriff in die geschützte Berufsfreiheit des Instituts darstellen. Auch könne von einer unzumutbaren Belästigung des Anschlussinhabers keine Rede sein. Anders als bei E-Mail oder SMS werde bei Telefonanrufen weder Speicherplatz verbraucht, noch würden andere Anrufer an einer Kontaktaufnahme mit dem Rufnummerninhaber gehindert. Diese würden beim Besetztzeichen regelmäßig erneut anrufen, so die Richterin. Auch der Tatsache, dass der Kläger überhaupt nicht in einem Telefonbuch eingetragen war, schenkte das Amtsgericht keine Beachtung. Vielmehr sei es nach Ansicht des Gerichts gerade so, "dass derjenige, der sich ein Telefon anschafft, damit generell seinen Willen zum Ausdruck bringt, über dieses Medium auch kommunizieren zu wollen". (Noogie C. Kaufmann) / (ola)