Bundestag segnet neues Urheberrecht ab

Bei der Verabschiedung der zweiten Stufe der Urheberrechtsnovelle sprachen Politiker der großen Koalition und der Liberalen von einem guten Kompromiss und forderten weitere Eingrenzungen der Privatkopie im Kampf gegen die "Piraterie".

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Der Bundestag hat am heutigen Donnerstag mit den Stimmen der großen Koalition und der FDP den lange umkämpften Regierungsentwurf (PDF-Datei) eines zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft mit den Änderungen aus dem Rechtsausschuss verabschiedet. Die Grünen enthielten sich größtenteils, die Linke stimmte gegen den so genannten 2. Korb der Urheberrechtsnovelle, der nun noch den Bundesrat passieren muss.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) freute sich, dass "wir ein wichtiges Projekt endlich an sein Ziel bringen" und "das Urheberrecht fit machen für das digitale Zeitalter". Petra Sitte kritisierte dagegen für die Linken, dass die Regierungsfraktionen die "Interessen von Wissenschaft und Bildung aus den Augen verloren haben". Sie befürchtete eine Verteuerung des Wissenszugangs. Zugleich bemängelte sie gemeinsam mit Jerzy Montag von den Grünen, dass die Verbraucher nach wie vor ihre Möglichkeiten zu Privatkopien nicht gegen Systeme zum digitalen Rechtemanagement (DRM) durchsetzen könnten. Durch die Streichung der P2P-Bagatellklausel würden zudem "die Schulhöfe kriminalisiert".

Schwerpunkte der Reform sind die Neufassung der künftig von Wirtschafts- und Urhebervertretern in Eigenregie festzulegenden Vergütungspauschale für private Kopien. Die Möglichkeiten für Vervielfältigungen zum Eigengebrauch aus Tauschbörsen werden gleichzeitig beschränkt, indem auch Kopien von "rechtswidrig zugänglich gemachten Vorlagen" verboten werden. Weitere Punkte sind restriktive Regelungen zur Einrichtung elektronischer Leseplätze in Bibliotheken, Museen und Archiven sowie zum Versand elektronischer Kopien in engen Grenzen. Dazu kommt eine Regelung zu Nutzungsformen von Werken in Formen, die bei Vertragsabschluss noch nicht absehbar waren.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von der FDP begrüßte, dass es zu grundlegenden Änderungen am Regierungsentwurf gekommen und vor allem die Bestimmungen zur Vergütungspauschale korrigiert worden seien. Die Abgabe sei seit Jahrzehnten nicht erhöht worden und könne nun zwischen der Industrie und den Verwertungsgesellschaften "auf Augenhöhe" ausgehandelt werden. Dies sei aber nur möglich, da "wir die Deckelung auf fünf Prozent des Gerätepreises im Konsens hinausgenommen haben". Erleichtert zeigte sich die Ex-Justizministerin ferner mit Vertretern der Union und Teilen der SPD, "dass die Bagatellklausel wieder gestrichen worden ist". Gerade bei geringfügigen Verletzungen biete das geltende Recht schon ausreichende Möglichkeiten, "nicht zu einer Verurteilung zu kommen". Andere Bestimmungen hätten dem "Verfall der Wertschätzung des geistigen Eigentums" Vorschub geleistet.

Der CDU-Abgeordnete Günter Krings betonte, dass "für die Union geistiges Eigentum eine wesentliche Grundlage für Wohlstand in unserer Gesellschaft ist". Er lobte daher die Einigung bei der Urheberabgabe, auch wenn diese langfristig nicht die Lösung sein könne und "kein Weg an DRM vorbeiführt". Die "Internetpiraterie" bezeichnete Krings als "einen der größten Angriffe auf die Volkswirtschaft". So seien deswegen in der Musikindustrie schon viele Arbeitsplätze verloren gegangen, Gleiches drohe in der Filmbranche. Eine "Kapitulation des Rechtsstaates" davor werde es aber nicht geben. Als weiteren "Verbesserungsbedarf" am Urheberrechtsgesetz nannte er, nur noch Kopie vom Original zuzulassen. Zudem habe das Parlament das Problem der "intelligenten Aufnahmesoftware" aus Online-Radios zu lösen, in der Krings "rechtlich nichts anderes als eine illegale Tauschbörse" sieht. Auch der "Freibier-Mentalität in der Wissenschaft müssen wir Einhalt gebieten". Für Norbert Geis von der CSU kann mit dem 2. Korb der Schlusspunkt der Novelle ebenfalls nicht erreicht sein. Vordringlichste Aufgabe der Politik ist es ihm zufolge im Urheberrechtsbereich, "den Menschen da draußen klarzumachen, dass es um verfassungsmäßig geschützte Rechte geht".

Montag hielt dagegen, dass das Urheberrecht zwar gegenüber jedermann gelte. Aber kein Eigentumsrecht sei absolut, jeder entsprechende staatliche Schutz müsse sich "Schranken zugunsten anderer gefallen lassen". Die neuen Begünstigungen in diesem Sinne für Bildung und Wissenschaft sind seiner Meinung nach "nicht zukunftsgerichtet". Vielmehr müssten eigentlich sämtliche Bildungseinrichtungen so viele Lese-Terminals einrichten können, wie von den Studierenden benötigt. Die Bildungspolitiker Jörg Tauss (SPD) und Carsten Müller (CDU) sprachen ebenfalls von Nachbesserungsbedarf in diesem Bereich. So sollte etwa öffentlich gefördertes Wissen auch öffentlich im Rahmen des Open-Access-Modells verfügbar gemacht werden. Große Gefahren würden Tauss zufolge bei der Öffnung der Vorratsdatenspeicherung für Urheberrechtsverletzungen drohen. Dies könnte eine "Goldgräbermentalität" bei Anwälten für Abmahnungen von Nutzern hervorrufen.

Tauss' Parteikollege Dirk Manzewski trat der Kritik des IT-Branchenverbands Bitkom an der Neufassung der Kopiervergütung entgegen. Für die Geräteindustrie trete gar keine Veränderung ein, "wir streichen nur die angedachten Verbesserungen für sie". Zugleich gab er zu bedenken, "dass wir hier mit die niedrigsten Gerätepreise in ganz Europa haben". Allgemein dürften die Urheber nicht die "Geiz ist geil"-Mentalität der Bevölkerung auszubaden haben. Er schloss mit der Bemerkung: "Dies ist ein guter Tag fürs Urheberrecht."

Zum heute verabschiedeten Urheberrecht siehe die Zusammenfassung in c't – Hintergrund:

(Stefan Krempl) / (vbr)