Große Allianz gegen Klickbetrug

Die Erzkonkurrenten Google, Yahoo und Microsoft wollen gemeinsam gegen Klickbetrug vorgehen. Die plötzliche Harmonie ist wenig überraschend: Es geht um viel Geld.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 36 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Die Schwergewichte auf dem US-amerikanischen Markt für Online-Werbung wollen gemeinsam gegen Klickbetrug vorgehen. Unter Federführung des Interactive Advertising Bureau (IAB) und mit Beteiligung des Media Rating Council (MRC) soll die neue "Arbeitsgruppe Klick-Messung" Richtlinien erarbeiten, wie Klicks zu zählen sind und sich ungültige oder gar betrügerische Klicks in Zukunft effektiver aussortieren lassen. Dass Erzkonkurrenten wie Google, Yahoo und Microsoft hier Hand in Hand marschieren, demonstriert nur den Ernst der Lage: Es geht um viel Geld.

Nahezu vier Milliarden US-Dollar (3,1 Milliarden Euro) wurden einem jüngsten Bericht des IAB zufolge im ersten Quartal 2006 mit Online-Werbung umgesetzt. Den größten Batzen davon teilen sich mit etwa 40 Prozent die Suchmaschinen. Die Platzhirsche Google, Yahoo und Microsoft dominieren hier klar das Feld. Hochgerechnet geht es für die drei Gegner um über fünf Milliarden US-Dollar (knapp vier Milliarden Euro) in diesem Jahr.

Die jüngsten Prozesse gegen Google und Yahoo haben nicht nur gezeigt, wie anfällig die Suchmaschinenbetreiber für den so genannten Klickbetrug sind, sondern dass ihnen das auch finanziell weh tun kann. Google zahlt klagenden Werbekunden im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs 90 Millionen US-Dollar (gut 70 Millionen Euro) zurück. Die Kunden hatten geklagt, sie hätten aufgrund betrügerischer Klicks überhöhte Rechnungen präsentiert bekommen. Bei Werbesystemen wie dem von Google zahlen Werbetreibende für jeden Klick auf einen Werbelink eine nach Schlüsselwärtern gestaffelte Summe. Für einen Konkurrenten ist es so möglich, mit einem Skript (dem so genannten Klickbot) oder zahlreichen helfenden Händen die Werbekosten des ungeliebten Wettbewerbers in die Höhe zu treiben.

Google sah sich deshalb mit dem Vorwurf konfrontiert, keine ausreichenden Maßnahmen gegen den Klickbetrug ergriffen zu haben. Um das zu widerlegen, hatte Google den US-Wissenschaftler Alexander Tuzhilin mit einer Analyse des AdWord-Systems beauftragt und ihm tiefe Einblicke in das sonst diskrete Unternehmen gestattet. Das Fazit des Gutachters: Die Maßnahmen gegen den Klickbetrug seien angemessen. Trotzdem hat sich Google in dem Sammelklageverfahren lieber verglichen. Der Bericht lässt sich im Google-Blog nachlesen.

Die Branche versucht mit ungewohnter Transparenz und neuer Brüderlichkeit das Vertrauen in ihr Werbesystem zu stärken. Neben den drei großen Suchmaschinen haben sich auch Ask.com, LookSmart und andere der Arbeitsgruppe angeschlossen. Es kann über ein Jahr dauern, bis sie ein Ergebnis vorlegt. Doch dann soll es einen Standard für eine konsistente und verlässliche Methode zur Messung des Werbeerfolgs geben.

Der IAB-Boss Greg Stuart spricht von den Vorzügen des Internets als das am besten zu kalkulierende Werbemedium und lobt die "höchsten Standards der Transparenz", die er sich von der Arbeit der neuen Allianz verspricht. Doch nicht alle sind so enthusiastisch. Clarence Briggs hatte als CEO des Webhosters AIT selbst gegen Google geklagt und fragt sich gegenüber Cnet, ob Selbstkontrolle etwas bringt, wenn es um so viel Geld geht: "Sollte man den Bock zum Gärtner machen?" (vbr)