CCC antwortet auf Demagogie-Vorwurf der "Tatort"-Autoren

51 Hacker meinen, in dem Streit übers Urheberrecht stünden sich nicht Urheber und Rezipienten gegenüber, sondern "allenfalls prädigitale Ignoranten mit Rechteverwertungsfetisch auf der einen Seite" und jene, die deren Verträge aufgezwungen bekämen.

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Der von 51 "Tatort"-Drehbuchautoren am Donnerstag geworfene Ball wurde aufgenommen: 51 Hacker haben postwendend als Vertreter der attackierten "Netzgemeinde" einige Anmerkungen zu dem offenen Brief zum Thema Urheberrecht verfasst. Als Programmierer, Hacker, Gestalter, Musiker, Autoren von Büchern und Artikeln sowie Herausgeber von Zeitungen, Blogs und Podcasts seien sie selbst Urheber. Es werde nicht den von den "Tatort"-Autoren angestrebten "historischen Kompromiss" geben, "denn es stehen sich nicht zwei Seiten gegenüber, jedenfalls nicht Urheber und Rezipienten, sondern allenfalls prädigitale Ignoranten mit Rechteverwertungsfetisch auf der einen Seite und Ihr und wir auf der anderen, die wir deren Verträge aufgezwungen bekommen", heißt es in der Antwort des CCC.

Die Autoren sollten sich nach Meinung des CCC darauf konzentrieren, für ihre Werke direkt vom Auftraggeber angemessen entlohnt zu werden – auch mit Hilfe einer starken Gewerkschaft –, anstatt sich über das Verwertungsrecht an die Konsumenten zu wenden. Verwertungsgesellschaften seien ein "verselbstständigter Wasserkopf", der "mehr und mehr der eigentlich Euch zustehenden Anteile am ausgestrahlten Werk einverleibt". Software entstehe im kommerziellen Bereich meist als Werkvertrag oder unter Anstellung, sämtliche Verwertungsrechte gehen an die Auftraggeber, schreiben die Hacker. Anders als bei den Autoren gebe es aber niemanden, der die Rechte der Entwickler zu vertreten versuche.

Die Autoren hatten in ihrem Brief Grünen, Piraten, Linken und der Netzgemeinde unter anderem vorgeworfen, sie stilisierten Urheberrechtsverstöße zu Freiheitsakten hoch. Es sei eine "demagogische Suggestion" zu behaupten, es gäbe keinen freien Zugang zu Kunst und Kultur. Dagegen marginalisierten sie die Grundrechte der Urheber und Rechteinhaber. Die Hacker meinen hingegen, dass unerwünschtes Vervielfältigen von digitalen Erzeugnissen zum gesamtgesellschaftlichen Problem werde, habe "weniger mit dem ebenfalls reformbedürftigen Verwertungsrecht zu tun, als mit dem Abmahn-Unwesen, das zurzeit viele gerade jüngere, nicht adäquat versorgte potenzielle Konsumenten eiskalt erwischt".

Während die Autoren dagegen sind, die urheberrechtlichen Schutzfristen zu verkürzen, sehen die Hacker darin ein Mittel, um Fallstricke beim Ausüben der werkschaffenden Berufe auszuräumen. So wie sich Entwickler in einem Minenfeld von Software-Trivialpatenten befänden, gerieten "Tatort"-Autoren angesichts der geringen Menge potenzieller Krimi-Plots in die Gefahr, mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert zu werden. Der von den Autoren benutzte Begriff des "geistigen Eigentums" sei eine "Chimäre jüngeren Datums", der als unsachlicher Kampfbegriff angeführt werde, um grundsätzliche Diskussionen zu vermeiden.

Es bestehe nach Ansicht des CCC eine grundsätzliche Bereitschaft, Kulturdienstleister angemessen zu entlohnen. Wo stressfrei und ohne Gängelungen Werke zu fairen Konditionen bezogen werden könnten, werde dies ausgiebig genutzt: App-Stores für Mobiltelefone oder "Music Stores" mit einfachen Bezahlmodellen. Auch sprach der CCC das Modell einer Kulturflatrate an – von dem die Autoren angesichts der Rundfunkgebühren, von denen sie bezahlt würden, wissen müssten, wie es sich anfühle. (anw)