WSIS: Alle sind Sieger geblieben

Sowohl die Europäer als auch die US-Amerikaner reklamieren den Sieg in der Internet-Governance-Debatte für sich.

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Von
  • Monika Ermert

Im offiziellen Gipfelbeitrag der Bundesregierung zum 2. Weltgipfel der Informationsgesellschaft hat Bernd Pfaffenbach noch einmal unterstrichen, dass alle Regierungen, die Wirtschaft und die Zivilgesellschaft gleichberechtigt an der politischen Fragen der Internetaufsicht beteiligt werden müssen. "Regierungen müssen bei der bei den anstehenden politischen Fragen, dazu gehören auch die schwierigen Fragen der Aufsichtsstrukturen im Bereich der Netzverwaltung, die Rolle ausfüllen, die ihnen die Nutzer ihnen gegeben haben."

Die Europäer reklamieren dabei durchaus den Sieg in der Internet-Governance-Debatte für sich, ebenso überzeugt wie die US-Amerikaner. "Lesen Sie den Paragraph 63 des Abschlussdokuments, in dem klargestellt wird, dass kein anderes Land Kontrolle über die Länderdomain eines anderen Landes haben soll", sagte EU-Kommissarin Vivianne Reding gegenüber heise online. Reding hatte noch unmittelbar vor dem Gipfel klar gegen die unilaterale US-Rolle gewettert. Nun sagt sie: "Ich bin sehr zufrieden mit mit dem Paragraphen 63 und den beiden Prozessen, die von Kofi Annan in Gang gesetzt werden sollen." Dabei bezieht sie sich auf das neue Internet Governance Forum und einen Prozess zur besseren Zusammenarbeit.

Michael Gallagher, Chef der National Telecommunication and Information Administration (NTIA), meinte dagegen gegenüber heise online: "Es gibt nichts anderes als das Forum. Ich gehe jetzt zurück an meine Arbeit, ohne mir über eine zusätzliche Aufsicht sorgen zu machen." Beim Modell für die verbesserte Zusammenarbeit gehe es auch nur darum, dass die "Welt über das Internet reden kann, denn die Welt hat Schwierigkeiten darüber zu reden". Den Weltgipfel bezeichnete er als ersten "Trainingkurs", bei dem das erfolgreiche US-Internetmodell erklärt werde.

Offensichtlich sind die Parteien sich in den politischen Fragen wenig näher gekommen. Ein größeres Einverständnis herrscht dagegen bei der Betonung, dass es für die Entwicklung der Telekommunikation in den ärmeren Ländern vor allem darum gehe, die Märkte zu deregulieren. "Entwicklungshilfe allein kann das Problem nicht lösen", sagte Pfaffenbach. "Wir brauchen die Kooperation mit dem privaten Sektor, die ICT-Märkte müssen geöffnet werden."

Vertreter von Nichtregierungsorganisationen kritisieren auch bei diesem Gipfel das Markt-Mantra der Regierungen des Nordens. "Der Markt kann manches bewirken," sagt Karen Banks von der Association of Progressive Communication (APC). "Doch in den ärmsten Ländern funktioniert das nicht." Norbert Klein vom Open Forum of Cambodia bekräftigte: "Wir sind kein Markt."

Einig sind sich dagegen die Nichtregierungsvertreter mit ihren Kollegen von der Regierungsbank, dass der Weltgipfel geholfen hat, das Thema IT für die Entwicklung viel nachhaltiger auf die Agenda zu setzen. Auch Unternehmen, die sich zwischenzeitlich zurückgezogen hätten aus entwicklungspolitischen Aktivitäten, hätten im Verlauf des Gipfelprozess neue Anstöße erhalten.

Zufrieden darf die Zivilgesellschaft über die Unterstützung bei Protesten gegen die tunesische Regierung sein. Auch Pfaffenbach kritisierte in seinem Gipfelbeitrag noch einmal die Ausschreitungen gegenüber Menschenrechtlern und Journalisten zu Beginn des Gipfels. Das Gastgeberland, so Pfaffenbach, habe eine ganz besondere Verantwortung bei der Einhaltung der verbrieften Meinungsfreiheit. Man habe sich aufgrund der Behinderung des deutschen Botschafters der EU Protestnote angeschlossen.

Zum zweiten UN-Weltgipfel siehe auch:

Zu den Ergebnissen des 1. WSIS siehe auch:

(Monika Ermert) / (anw)