Linux 3.4 geht in die Testphase

Unterstützung für einen x86-32/x86-64-Mischbetrieb, neue Grafiktreiber und Einschränkungen für Ptrace sind einige der wichtigsten Neuerungen von Linux 3.4.

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Von
  • Thorsten Leemhuis

Linus Torvalds hat die erste Vorabversion von Linux 3.4 veröffentlicht. Damit hat er wie üblich die Merge Window genannte Phase am Anfang der Entwicklung einer neuen Version beendet, in der er alle größeren Änderungen integriert und ungefähr sieben Achtel aller Änderungen vornimmt. Von einigen Nachzüglern abgesehen, nimmt Torvalds in der jetzt beginnenden Stabilisierungsphase vorwiegend kleine und ungefährliche Änderungen an.

Unter den Änderungen, die für die Ende Mai erwartete Linux-Version aufgenommen wurden, ist unter anderem die kernelseitige Unterstützung für das x32-ABI. Dafür übersetzte Programme können die 64-Bit-Register und -Datenpfade von x86-64/x64-Prozessoren nutzen, arbeiten aber nur mit 32-Bit-Pointern, die für viele typische Aufgabenstellungen mehr als ausreichen und weniger Arbeitsspeicher belegen als 64-Bit-Pointer; grob gesprochen vermeiden für das x32-ABI kompilierte Programme so den Overhead, den ein voller 64-Bit-Betrieb mit sich bringt, können aber einige der wichtigsten Vorteile von 64-Bit-x86-Prozessoren nutzen.

Der Hyper-V-Storage-Treiber zog vom Staging-Zweig in das SCSI-Subsystem um. Damit konnte nun auch der letzte Treiber für Microsofts Virtualisierungsschnittstelle den Bereich für Treiber verlassen, die den Qualitätsansprüchen der Kernel-Entwickler nicht genügen. Microsoft hatte die Treiber im Juli 2009 präsentiert; nachdem sich das Unternehmen anfangs mehr schlecht als recht um das Verbessern des Codes kümmerte, hat Microsoft dann doch noch die Kurve bekommen. Hintergründe zu diesem Lern- und Abstimmungsprozess und den über die Jahre vorgenommenen Verbesserungen findet man in den Präsentationsfolien des Vortrags "Linux von Hyper-V – Our Journey through the Linux staging tree", den die beiden bei Microsoft beschäftigten Betreuer der Treiber diese Woche auf dem Linux Foundation Collaboration Summit halten wollen.

Wie bereits erwähnt nahmen die Kernel-Hacker Treiber für neue Grafikkerne von AMD und Nvidia in den Hauptentwicklungszweig von LInux auf. Nur wenige Tage später veröffentlichte einer der Nouveau-Entwickler Änderungen für die Nouveau-Treiber in Mesa 3D und X.org, um zusammen mit den kernelseitigen Verbesserungen 2D- und Xv-Beschleunigung auf der neuesten GeForce-Grafikkarte nutzen zu können; in dem Zusammenhang erwähnt er, 3D-Unterstützung werde hoffentlich schon bald folgen.

Ein in den Linux-Kernel 3.4 eingezogener Patch soll zudem ein Problem beseitigen, durch das der Intel-Treiber nach dem Aufwachen aus dem Ruhezustand (Hibernate/Software Suspend/ACPI S4) einige Speicherbereiche verfälscht. Diese Anpassung soll auch in die Longterm- sowie Stable-Kernel 3.0.27, 3.2.14 und 3.3.1 einziehen, die jeweils über 100 kleinere Korrekturen und Verbesserungen bringen; die Begutachtungsphase für diese Kernelversionen ist am Sonntagabend ausgelaufen, daher sollten diese in Kürze erscheinen.

Bislang nicht für Linux 3.4 ausgenommen wurden Anpassungen, durch die die Intel-Grafiktreiber die Stromspartechnik RC6 bei Sandy-Bridge-Prozessoren mit Grafikkern standardmäßig nutzt. Durch RC6 setzen solche CPUs im Leerlauf meist 3 bis 5 Watt weniger Leistung um; die Patches sollen wohl erst in Linux 3.5 einziehen, wie ein Intel-Entwickler in seinem Blog vermeldete.

Das neu aufgenommene Security-Modul Yama kann Prozessen verbieten, über den Funktionsaufruf Ptrace (Process Trace) den Speicher anderer Prozesse zu untersuchen; SELinux beherrscht seit Kurzem eine ähnliche Funktion. Das Kernel-Log auf heise open wird in den kommenden Wochen detailliert über diese und einige weiter Neuerungen berichten, die für Linux 3.4 aufgenommen wurden.

Weder in diese noch in eine spätere Kernel-Version dürften allerdings einige der Änderungen einziehen, die am gestrigen 1. April auf der LKML präsentiert wurden (1, 2, 3). (thl)