Bälle in der Grauzone: Bundesliga per Web-TV mit juristischen Fallstricken

Viele Bundesliga-Fans, die kein Pay-TV-Abo haben, weichen auf Webstreams aus. Viele Anbieter aber haben laut DFL zwar die Rechte für eine Bundesliga-Fernsehübertragung, dürfen Webstreams und Internet-Angebote aber nur regional begrenzt offerieren.

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Von
  • Tobias Schormann
  • dpa

Samstag, 15.30 Uhr, Anpfiff zum Bundesligaspieltag: Für viele Fußballfans ist das der Beginn eines allwöchentlichen Trauerspiels. Sie können die Partie ihrer Mannschaft nicht zu Hause im Fernsehen ansehen, weil die Begegnungen nur auf Bezahlsendern live und in voller Länge gezeigt werden. Wer dafür kein Abo hat, guckt in die Röhre – oder er sieht die Spiele kostenlos im Internet über ausländische Webstreams, wie es eine Reihe von Fußballanhängern inzwischen praktiziert. Rechtlich ist diese Verbreitung von Live-Übertragungen im Netz allerdings umstritten.

Pay-TV-Anbieter und Verbandsvertreter sind von der neuen Fußball-Fangemeinde im Internet wenig begeistert. "Wir werden gegen solche Internet-Piraterie rechtlich vorgehen", sagt Tom Bender von der Deutschen Fußball Liga (DFL) in Frankfurt. Die kostenlosen Web-TV-Angebote seien in der Regel illegal: Ausländische Anbieter wie etwa der chinesische Sender CCTV-5 hätten zwar die Rechte für eine Fernsehübertragung von Spielen der deutschen Bundesliga, nicht aber für die weltweite Ausstrahlung über Webstreams. Auch andere Sender dürften ihre Internet-Übertragung nur regional begrenzt anbieten. Der Empfang in Deutschland müsse dabei gesperrt bleiben. Bei hierzulande frei zugänglichen Streams würden die Fernsehsignale daher von PC-Nutzern verbotenerweise über das Netz verbreitet. Die Fußballfans empfangen nicht nur das Signal des Webstreams, sie werden gleichzeitig auch zum Sender. "Diese Art der Weiterverbreitung gleicht dem Raubkopieren", sagt der Rechtsanwalt Johannes Richard aus Rostock, der auf Internetrecht spezialisiert ist. "Nutzer können dabei leicht anhand ihrer IP-Adresse verfolgt werden und riskieren daher eine Abmahnung."

Wer die Bundesliga per Web-TV verfolgen will, kann dies laut Bender in Deutschland auch schon legal tun – zum Nulltarif sei dies aber nicht zu haben. Für Live-Übertragungen und Zusammenfassungen kurz nach dem Spiel müssten Fußballfans daher auch in Zukunft bereit sein, etwas zu bezahlen. Mancher Fan sieht das anders – und hofft darauf, dass die komplexe Technik der Internet-Livesendungen eher als rechtliche Grauzone gewertet wird. So bietet etwa Markus Schumann aus Dresden im Internet unter www.sportstreams.eu aktuelle Programmtipps für kostenfreie Websendungen an. "Das Angebot an Webstreams ist groß – so werden neben der Bundesliga oder der Champions League auch Länderspiele ausgestrahlt."

Offiziell richtet sich die Seite nur an Deutsche im Ausland, die in den jeweiligen Ländern die Übertragungen legal sehen können. In der Praxis dürften aber auch viele Surfer in Deutschland die Tipps zum kostenfreien Empfang von Sportstreams befolgen – schließlich ist die nötige Technik heute leicht erhältlich. Fans brauchen lediglich einen schnellen Internetzugang und ein passendes Programm. Solche Software wie Sopcast, TVAnts oder PPLive gibt es kostenlos im Internet. Ob sich die Nutzer aber über die rechtlichen Probleme bewusst sind, ist allerdings fraglich.

Bezahlsender fürchten bislang aber nicht um ihre Kunden wegen der kostenlosen Fußballübertragungen im Web. "Das ist das ja nur etwas für Bastler und Technikfreaks", sagt Frank Schillinger, Sprecher des Pay-TV-Senders Premiere. Der Sender hatte in der vergangenen Saison gemeinsam mit der Telekom die Bundesliga live via IPTV übertragen. Derartige Bezahlangebote böten eine viel bessere Qualität als die kostenlosen Übertragungen, sagt Schillinger.

In der Tat haben Fans laut Schumann oft mit technischen Problemen zu kämpfen, wenn sie ein Spiel gratis im Web verfolgen wollen. "Ab und zu sind Streams recht verschwommen und laufen nur ruckelnd oder gar nicht." Viele Fans seien deshalb enttäuscht, wenn sie das erste Mal einen Fußball-Stream anschauen. Nutzer dürften nicht zu viel erwarten: "Man erkennt die Ergebnisanzeige, kann die Wege des Balles flüssig nachvollziehen und erkennt in der Übersichtskamera auch den ein oder anderen Spieler", erläutert Schumann. Anwender mit geringer Bandbreite sollten zudem auf einen Vollbildmodus verzichten. Auch müssen Fans mit dem ausländischen Spielkommentar zurechtkommen. Die meisten Streams würden in der jeweiligen Landessprache gesendet, erklärt Schumann. "Man hört also das gesamte Spiel etwa chinesische Sportkommentatoren, was auch einige abschreckt." Einige Anwender greifen zwar zu einem Trick, um einen deutschen Kommentar zu erhalten: Sie lassen parallel zum Bild des Web-TVs eine Live-Radioübertragung laufen. Allerdings kostet es einige Mühe, die beiden Signale zu synchronisieren: Auf Grund des langen Übertragungsweges haben Streams oft eine Verzögerung von mehreren Minuten.

Letztlich bleibt Fans als legale Alternative zum Bezahlfernsehen wohl doch nur der Gang in die nächste Fußballkneipe, wenn sie die Spiele ihrer Mannschaft live verfolgen wollen. Immerhin: Auf diese Weise verpassen Fans nicht die wichtigste Szene eines Spiels, weil sie gerade neues Bier holen. (Tobias Schormann, dpa) / (jk)