Die Sakura-Lampe

In Japan beginnt die Kirschblütensaison. Die Bäume werden in fluffiges Rosa getaucht und ganz Japan versinkt in friedlicher Partystimmung. Wer will, kann sich das rosarote Lebensgefühl mittels Hightech in die Wohnung holen.

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Von
  • Martin Kölling

In Japan beginnt die Kirschblütensaison. Die Bäume werden in fluffiges Rosa getaucht und ganz Japan versinkt in friedlicher Partystimmung. Wer will, kann sich das rosarote Lebensgefühl mittels Hightech in die Wohnung holen.

In meiner Heimatstadt Bremen ist der Freimarkt die fünfte Jahreszeit, in Japan ist es die Kirschblütensaison. "Hanami", Blüten schauen, steht dieses Wochenende auf dem Programm. Die Menschen werden in die Parks strömen und unter rosa Blütenbäuschen der Sakura-Bäume mit Hilfe von reichlich Sake und Bier das harte Leben kurz durch eine rosarote Brille sehen. Und in ein paar Tagen ist alles vorbei. Bisher. Doch das ändert sich dank dem Erfindungsreichtum der japanischen Elektronikindustrie. Der Konzern Sharp hat passend zur Saison eine LED-Deckenleuchte auf den Markt gebracht, mit der wir uns das rosafarbene Lebensgefühl tagtäglich in unser Heim holen können.

Die "sakura-farbene LED-Leuchte" ist dem Konzern sogar so wichtig, dass sie als ersten Produkt auf seiner Homepage präsentiert wird. Und sie ist ein wirklicher Traum in Rosa wie jeder mit einem Klick auf diesen Link selbst sehen kann. Ihr Nutzer kann nicht nur die Helligkeit dimmen, sondern auch die Lichtfarbe von blauweiß auf sakura-rosa verstellen. Sharp empfiehlt dies für die Abendstunden nach 21 Uhr, oder genauer in der letzten Stunde vor dem Schlafengehen. Damit verspricht der Konzern, dass die Menschen schneller einschlummern und tiefer schlafen als wenn sie vor dem Schlafen die Räume in Neonlicht tauchen (das in Japan noch immer sehr beliebt ist). Doch es soll auch besser als warmes Licht wirken.

Um das zu belegen, bietet Sharp eine Reihe von Experten auf. Die Farbberaterin Keiko Inada darf erklären, dass die Farbe Rosa am meisten Glücksgefühle auslöst. Sie beruft sich auf ihre Studie über Alzheimer-Patienten und ihre Familien. Sogar eine echte Koryphäe mobilisiert der Konzern: Osami Kajimoto, Professor an der Städtischen Universität Osaka und Forscher am Forschungsinstitut Soiken. Der Mann wurde durch einen Hirnalterungstest berühmt, auf dem der Videospielehersteller Nintendo eines seiner Lernspiele für die Nintendo DS aufgebaut hat. Kajimoto will nachgewiesen haben, dass man mit Sakura-Licht besser ein- und ausschläft.

Mich würde interessieren, ob das gleiche auch für Deutsche zutrifft. Ich könnte mir vorstellen, dass die Unterschiede weit weniger deutlich ausfallen würden. Denn im Unterschied zu Japanern bevorzugen die meisten Menschen in meiner Heimat – wenn ich mich recht erinnere – abends sowieso schon Schummerlicht, während wie schon gesagt viele Japaner sich zu meiner großen Verwunderung freiwillig Neonlicht aus mehr oder meist weniger formschönen Flunderlampen aussetzen, die unter die Decke geschraubt werden. Die LED-Deckenleuchten führen da schon durch ihre Dimm-Funktion eine neue Lichtkultur in das moderne Eigenheim ein. Ob ich mir so etwas anschaffe? Irgendwann kommt auch bei mir so eine LED-Flunder unter die Decke. Nur habe ich mich noch nicht endgültig entschieden, ob ich auf fluffig-rund oder eckig-cool stehen will. Das Angebot an LED-Lampen und -Leuchten ist einfach Weltspitze in Japan. (bsc)