NRW verliert Prozess um mahngericht.de

Bei beschreibenden Web-Adressen sei es belanglos, ob der Inhaber tatsächlich ein aktuelles Interesse an der Domain habe oder nicht, urteilte das Oberlandesgericht Köln.

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Von
  • Dr. Noogie C. Kaufmann

Der Begriff "Mahngericht" hat keine Namensfunktion, sondern stellt einen allgemeinen Gattungsbegriff dar. Demnach gilt für die Reservierung einer gleichlautenden Domain das Prinzip "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst". Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln entschieden (Az. 20 U 45/05) und die Klage des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) gegen einen Privatmann abgewiesen. Nach Meinung der Richter sei es bei beschreibenden Web-Adressen belanglos, ob der Inhaber tatsächlich ein aktuelles Interesse an der Domain habe oder nicht.

Hintergrund der Entscheidung war ein Vorhaben mehrerer Bundesländer, die unter der Domain ein gemeinsames Portal eröffnen wollten. Die Federführung dazu sollte das Land NRW übernehmen. Da die Domain ursprünglich zu Gunsten der Hansestadt Bremen bei der zentralen Registrierungsstellen für .de-Domains DENIC eingetragen war, sollte eine Übertragung auf Nordrhein-Westfalen erfolgen. Dabei unterlief den Beteiligten jedoch ein "Formfehler", wonach die Webadresse freigegeben und so dann vom späteren beklagten Privatmann reserviert wurde. Dieser nutzte die Domain zur Installation einer Informationsplattform rund um Fragen zum gerichtlichen Mahnverfahren und eröffnete zudem ein Forum.

Um dennoch an die gewünschte Adresse zu gelangen, zog das Land NRW vor Gericht. Zwar wurde der Privatmann aus Kassel in der ersten Instanz vom Landgericht Köln zur Herausgabe verurteilt. Das Oberlandesgericht Köln hat die Entscheidung jedoch jetzt kassiert und dem Kasseler die Domain zugesprochen. Maßgeblich für das Urteil war § 12 BGB, der einem Namensträger unter anderem einen Anspruch auf die gleichlautende Internetadresse gibt. Auf diesen Namensschutz können sich auch juristische Personen und öffentliche Einrichtungen berufen. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts handle es sich bei der Bezeichnung "Mahngericht" aber um einen Gattungsbegriff, für den kein Namensschutz gelte. Derartige Allgemeinbegriffe dürften von jedermann reserviert werden, wobei demjenigen die Adresse zusteht, der sie als erster angemeldet hat. Dem Argument, der Begriff "Mahngericht" werde vom Verkehrskreis ausschließlich der Justiz zugeordnet und bei einer Belegung durch einen anderen komme es zu einer Zuordnungsverwirrung, erteilte das Gericht ebenfalls eine Absage. Schließlich stehe die Bezeichnung "Mahngericht" nur für jenes Amtsgericht, das für das Mahnverfahren als solches zuständig ist. Es stelle aber keine Bezeichnung für ein bestimmtes Amtsgericht wie "Amtsgericht Bonn" dar.

Letztens mochte das OLG auch kein sittenwidriges Domain-Grabbing gemäß § 826 BGB in der Belegung sehen. Schließlich könne in einem solchen Verhalten keine Sittenwidrigkeit liegen, weil der Anmelder nur einen Vorteil nutze, den die Rechtsordnung zulasse. Damit verbunden stehe es jedermann frei, derartige Gattungsbegriffe zu reservieren, ohne dass er dafür ein berechtigtes Interesse nachweisen müsse.

Die Reservierung von allgemein beschreibenden Begriffen als Domains ist spätestens seit dem Grundsatzurteil zu "mitwohnzentrale.de" des Bundesgerichtshofes (BGH) in Karlsruhe als zulässig. Die vorliegende Entscheidung des OLG Köln unterscheidet sich davon nur insoweit, als dass das OLG erstmals einen mittelbaren Anspruch einer Behörde auf eine Domain abgewiesen hat, die im Zusammenhang mit ihrem Tätigkeitsfeld steht. (ola)