EU-Verhandlungen zur Vorratsdatenspeicherung verzögern sich

Welche Telekommunikationsdaten für wie lange und welche Zwecke künftig von den Anbietern gespeichert werden sollen, ist in Brüssel nach wie vor umstritten.

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Nach Informationen der "European Digital Rights"-Initiative (EDRi) werden die Justiz- und Innenminister nicht wie zunächst geplant am 14. April auf ihrer Ratssitzung in Brüssel weiter am heißen Eisen der Vorratsspeicherung sämtlicher bei der Telekommunikation anfallender Verbindungs- und Standortdaten schmieden. Die Ursache für die Verzögerung liegt demnach in der noch ausstehenden Klärung zahlreicher offener Fragen zu der pauschalen Überwachungsmaßnahme in der vorbereitenden Ratsarbeitsgruppe zur Kooperation in Kriminalfragen. Auf ihrer letzten entscheidenden Sitzung Anfang März konnten die Abgesandten der Mitgliedstaaten keine einheitliche Linie finden. Die Arbeitsgruppe soll nun am 19. April das Thema erneut behandeln. Die Luxemburger Ratspräsidentschaft sowie das Bundesjustizministerium wollten zu den sich abzeichnenden Verzögerungen am heutigen Donnerstag keine Stellung beziehen.

Ein Protokoll der zweitägigen Besprechungen auf der Arbeitsebene im März, das der EDRi in die Hände gespielt wurde, gibt Aufschluss über die Unstimmigkeiten. Wie eine Regelung einer Kostenübernahme für die Anlage der gewaltigen Datenberge durch die TK-Wirtschaft aussehen könnte und ob diese überhaupt in dem angestrebten Rahmenbeschluss erwähnt werden soll, ist demnach noch unklar. Die Luxemburger haben sich bisher nur dazu durchgerungen, dass der Kostenaspekt nicht gänzlich ignoriert werden kann. Den Rest wollen sie den Mitgliedsstaaten überlassen. Tschechien ist derweil das erste EU-Land, das Providern vom 1. Mai an sämtliche Ausgaben für eine Datenvorhaltung für Sicherheitsbehörden sowie fürs Abhören der Telekommunikation erstatten will.

Die Tschechen haben daher darauf gedrängt, Speichervorschriften unterhalb von sechs Monaten zuzulassen. Deutschland bestand aber auf diesem Minimum. Bei der Obergrenze scheint sich Italien dagegen mit einer Dauer von bis zu 48 Monaten durchgesetzt zu haben. Vertreter der Bundesregierung präsentierten zudem das "Kompromisspapier", welches das Bundesjustiz- und Bundesinnenministerium jüngst mit einer Handvoll größerer Anbieter ausgearbeitet hatte. Eine zu konkrete und technische Liste der zu speichernden Verkehrsdaten erschien manchen Ländern aber bedenklich. Auch mit dem Vorschlag, Ermittlern nur bei "schweren" Vergehen Zugang zu den Datenlagern zu gewähren, stießen die Deutschen auf wenig Gegenliebe. Ob Anbieter die Daten für eigene Marketingzwecke nutzen dürfen sollen, wie dies Schweden und Luxemburg fordern, ist ebenfalls noch nicht ausgemacht. Generell scheinen sich die Minister von den Bedenken aus der Kommission und dem EU-Parlament, dass ihr Rahmenbeschluss größtenteils keine rechtliche Basis haben würde, nicht irritieren zu lassen. Bis Gerichte entscheiden würden, heißt es bei der EDRi, wären die Vorgaben auch schon in nationales Recht umgesetzt und würden dann kaum noch revidiert. (Stefan Krempl) / (anw)