Online-Spiel nimmt Datenhandel aufs Korn

Dass der gesell- und wirtschaftskritische Zeigefinger auch in humorvoll angespitzem Kontext erhoben werden darf, beweist das Open-Source-Spiel "Data Dealer". Allzu weit von der Realität entfernt ist das Spielgeschehen indes nicht ...

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Persönliche Daten fremder Menschen hamstern und damit Geld scheffeln: Darum geht es im Browserspiel "Data Dealer", das seit Kurzem in einer Demoversion samt Video-Trailer online ist. Das Ziel des nicht-kommerziellen Spiels ist die humorvolle Auseinandersetzung mit dem Thema Datenhandel. Der Spieler schlüpft dafür in die Rolle eines Daten-Schacherers: Er muss sich einen Schatz an Daten aufbauen – ein zeitgemäßes Farmville also, wie es Peter Mühlbauer treffend im Telepolis-Blog ausdrückte.

Dazu investiert der Spieler in mehr oder weniger legale Methoden wie Preisausschreiben, Umfragen und Kundenkarten, oder handelt gleich eindeutig illegal: Hacker, Krankenschwestern, Gerichtsvollzieher, ein Kärntner Klappsonnendiener oder Politiker wie Dr. Ernst Krasser werden für Informationen bezahlt. Das ist nicht ohne Risiko, aber mit einer gezielten PR-Kampagne lässt sich der Aufschrei der Datenschützer leicht übertünchen. Mit teuren Anwälten und beliebten Sportler-Testimonials lässt sich außerdem das Risiko senken.

Verschiedene Strategien führen zu unterschiedlichen Datenbeständen. Diese werden an Versicherungen, große Arbeitgeber und Mobilfunk-Anbieter verhökert. Je besser die Datenbanken gefüllt sind, umso mehr Geld kommt herein. Aber Geld allein macht nicht glücklich: Der Spieler muss auch aufpassen, sich nicht zu überarbeiten.

Der österreichische Lokalkolorit in der Demo-Version kommt nicht von Ungefähr: Data Dealer wurde von vier Wienern in in über einem Jahr freiwilliger Arbeit entwickelt. In einem eigenen Dokument erläutern die Projektbetreiber die inhaltlichen Hintergründe (PDF). Auch auf Facebook ist das Projekt präsent; dort vermuten die Entwickler vielleicht besonderen Bedarf an Aufklärung. Finanzielle Unterstützung für das Spiel kam vom Netidee-Programm der Internet Privatstiftung Austria (IPA). Den Förderbedingungen entsprechend wird das gesamte Spiel samt Quelltext, Grafiken und der noch nicht installierten Musik unter Open Source und Creative-Commons-Lizenzen veröffentlicht werden.

Wenn es einmal fertig ist – und das wollen die Österreicher unbedingt erreichen. Daher suchen sie Unterstützung in Form von Feedback, aber auch finanzielle Mittel. "In nur einer Woche Demo-Version hatten wir eine fünfstellige Zahl an Spielern, über 100 ausführliche E-Mails mit Rückmeldungen haben uns erreicht", freut sich Wolfie Christl, die unter anderem für Story und Text zuständig ist, "Das liegt deutlich über unseren Erwartungen, wir haben ja nichts für PR und Werbung ausgegeben. Für einen richtigen Social Game Release ist natürlich noch viel zu tun, und ganz ohne Finanzierung wird es nicht gehen, aber wir sind motiviert." Data Dealer soll in verschiedenen Sprachen für unterschiedliche Länder aufbereitet werden. Dort gilt es dann vielleicht, statt Mörtel-Königen richtige Präsidenten anzufüttern. (cm)