Piratenpartei: Umfragehoch und interner Streit

Die Piraten schweben auf einer Erfolgswelle - vor allem zulasten der Grünen. Doch intern gibt es Streitereien. In jeder Partei gebe es "10 Prozent Idioten", hieß es dazu von den Piraten, die gleichzeitig ihre Position zum Urheberrecht verteidigen.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die Piratenpartei schwebt weiter im Umfragenhoch – doch intern gibt es Beschwerden über Rassismus und Sexismus. In einem am Karfreitag veröffentlichten Text beklagen die Jungen Piraten, dass Mitglieder mit diskriminierenden Aussagen auffielen. "Derartige Aussagen werden oft als 'Einzelmeinung' abgetan – gerade in einer Partei, die sich ihrer starken Basis rühmt, darf das keine Rechtfertigung sein", schrieb die Nachwuchsorganisation. In ihrem Offenen Brief nennt sie auch Beispiele für diskriminierende Ausfälle: So sei eine Frau als "zu hübsch", um ernst genommen zu werden, bezeichnet worden. Für Teilnehmer einer Twitter-Diskussion sei es in Ordnung gewesen, "ausländerkritisch" zu sein.

Der Vize-Pressesprecher der Piraten, Aleks Lessmann, erklärte am Montag, in jeder Partei gebe es einen gewissen Prozentsatz Idioten. Wichtig sei, dass deren Meinungen nicht mehrheitsfähig würden. "Im Gegensatz zu etablierten Parteien bieten wir nun einmal jedem Basismitglied ein gleichberechtigtes Forum", betonte Lessmann. "Gerade diskriminierende Misstöne Einzelner fallen dadurch leichter auf." Der Bundesvorstand könne und wolle aber nicht kontrollieren, was einzelne Piraten sagten. Zugleich machte Lessmann klar: "Die Piratenpartei Deutschland spricht sich eindeutig und unmissverständlich für Gleichberechtigung, Integration und ein kulturelles Miteinander aus." Zugleich kamen von Piraten Stellungnahmen, die die Position der Partei in der aktuell hitzig geführten Debatte um das Urheberrecht verteidigen: In dem Text "101 Piraten sagen 'Ja zum Urheber'" betonen die Piraten, dass "kreative Inhalte und werteschaffende Künstler schützenswert sind".

Die internen Kontroversen schaden der Partei offensichtlich nicht. Wie das Meinungsforschungsinstitut Emnid im Auftrag der Bild am Sonntag ermittelte, verbesserten sich die Piraten im "Sonntagstrend" im Vergleich zur Vorwoche bundesweit um einen Punkt auf 10 Prozent. Nach der aktuellen Forsa-Umfrage kommen die Piraten bundesweit auf 13 Prozent und würden damit sogar die Grünen überholen, die auf 11 Prozent kämen. Insgesamt haben vor allem SPD und Grüne unter der Anziehungskraft der jungen Partei zu leiden. Zuletzt waren die Piraten mit mehr als sieben Prozent der Stimmen in den saarländischen Landtag eingezogen. Auch bei den im Mai anstehenden Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein können sie sich gute Chancen ausrechnen.

Die CSU stellt sich auf eine längere Auseinandersetzung mit der Piratenpartei ein. "Die Piraten werden sicherlich ihre Erfolge bei den nächsten Landtagswahlen fortsetzen, sie haben auch gute Chance, nächstes Jahr in den Bundestag einzuziehen", sagte Generalsekretär Alexander Dobrindt der Tageszeitung Die Welt.

Grünen-Bundesfraktionschefin Renate Künast sagte am Montag gegenüber dpa, jede Partei erlebe Wellenbewegungen. Sie gehe aber davon aus, dass die Piraten in den nächsten Jahren Teil des Parteienspektrums sein werden, "und entsprechend nehme ich sie auch ernst". Zuvor hatte sie betont, sie sehe die Erfolge der Piraten gelassen. Die Landeschefin der Grünen in Schleswig-Holstein, Eka von Kalben, sieht in den Piraten durchaus eine Gefahr: "Wenn die Piraten einziehen, wird die Koalitionsbildung schwieriger." Nach der Landtagswahl am 6. Mai steige die Wahrscheinlichkeit, dass für ein Zweierbündnis in Kiel nur eine große Koalition infrage komme.

Der Münsteraner Politologe Klaus Schubert meint, die Piraten seien für andere Parteien deshalb schwer einzuschätzen, weil ihr Verhältnis zum Staat unklar sei. Die Piraten hätten eine besondere Affinität zum Internet und zu unbeschränkter Freiheit. "Auch für die Grünen war Freiheit ein Überbegriff. Aber ein wichtiger Teil der Grünen hat bis jetzt so etwas wie ein linkes Grundgefühl, das letztendlich staatsbejahend ist", sagte Schubert der dpa. Das fehle den Piraten. "Sie lassen offen, welche Rolle der Staat in Zukunft spielen soll." (jk)