EU-Rat will biometrische Merkmale in Personalausweisen

Die Justiz- und Innenminister stehen vor der Annahme einer "Schlussfolgerung", der zufolge nach den Pässen auch Ausweise in der EU mit digitalem Gesichtsbild und zwei Fingerabdrücken aufgerüstet werden sollen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 499 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Die Justiz- und Innenminister der EU stehen vor der Annahme einer "Schlussfolgerung" (PDF-Datei), der zufolge nach den Reisepässen auch Personalausweise mit digitalem Gesichtsbild und zwei Fingerabdrücken aufgerüstet werden sollen. Die biometrischen Daten wären demnach auf einem RFID-Chip zu speichern. Eine Entscheidung wollen die Vertreter der Mitgliedsstaaten im EU-Rat auf ihrem kommenden Treffen am 1. und 2. Dezember fällen. Es wird damit gerechnet, dass sie die Vorlage unverändert absegnen. Die Empfehlung ist das Ergebnis der Arbeit einer kurzfristig von der britischen Ratspräsidentschaft einberufenen Expertengruppe. Die Briten hatten seit den Anschlägen in London im Sommer immer wieder Druck gemacht bei Maßnahmen, mit denen sie die innere Sicherheit zu verbessern hoffen.

Die "Schlussfolgerung" hätte zwar nicht den gleichen verbindlichen Charakter wie ein eigener Rahmenbeschluss des Rates oder eine von den Ministern befürwortete Gesetzgebung der EU-Kommission. Nichtsdestotrotz würde sie die Mitgliedsstaaten auf einen gemeinsamen Kurs einschwören. Die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch warnt daher vor der Einführung des umstrittenen Vorhabens "durch die Hintertür". Es könne nicht angehen, dass derartig weitreichende, Millionen von Bürgern betreffende Regeln auf "Zwischenregierungsbasis" ohne Kontrolle durch nationale Volksvertretungen oder das EU-Parlament erarbeitet und abgenickt würden.

"Es ist besonders angreifbar, dass der Rat ein 'ordnungsgemäßes' EU-Komitee für die Schlüsse nutzt, ohne entsprechend der normalen Regeln für solche Gremien rechenschaftspflichtig zu sein", empört sich Tony Bunyan von Statewatch. Die Macht von Expertengremien werde dadurch weit über den vorgesehenen gesetzgeberischen Rahmen hinaus ausgedehnt. Derlei Verfahren zur Rechtserstellung, die auch bei der Festsetzung der technischen Kriterien für den Ausbau der EU-Datenbanken zur Grenzkontrolle angewendet würden, hätten in einer Demokratie keinen Platz.

Das Expertengremium hat sich dafür ausgesprochen, dass zum Schutz der biometrischen Merkmale in den Personalausweisen "mindestens" dieselben Sicherheitsstandards eingehalten werden sollen, die für die Reisepässe gelten. Auch die Integration der Körperdaten in die Ausweisdokumente auf Funkchips entspricht seinen Vorstellungen. Die Fachleute plädierten zudem dafür, dass ein Antragsteller mindestens einmal während des Ausgabeprozesses persönlich erscheinen solle. Ferner raten sie zum Abgleich der Anträge durch autorisiertes Personal mit "existierenden Datenbanken". Sicherheit bei Vorhaltung, Transport und Übergabe der Dokumente sollten zudem gewährleistet sein.

Hierzulande hat das Bundesinnenministerium bereits angekündigt, nach der Ausgabe der E-Pässe den digitalen Personalausweis mit biometrischen Merkmalen von 2007 an einführen zu wollen. Union und SPD haben sich im Koalitionsvertrag verständigt, diesen Kurs weiter fortzusetzen. Eine konkrete Entscheidung über die künftige Gestaltung der Personalausweise steht aber noch aus. Die biometrische Aufrüstung von Ausweisdokumenten ist seit langem Gegenstand einer heftig geführten Debatte. Sicherheitstester vom Chaos Computer Club (CCC) etwa fürchten Probleme bei der Grenzkontrolle und sehen keinen Sicherheitsgewinn durch die Hightech-Papiere. Ferner hat insbesondere der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar nach wie vor Bedenken gegen die Integration der Körpermerkmale in die hoheitsstaatlichen Dokumente.

Zur Einführung des ePasses und den Auseinandersetzungen um Ausweise mit digitalisierten biometrischen Merkmalen siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online sowie in c't, Technology Review und Telepolis):

(Stefan Krempl) / (jk)