Bundestag widmet sich dem Domain Name System

Die Bundesregierung soll sich laut einem Antrag, der diese Woche im Bundestag zur Debatte steht, für die Internationalisierung der DNS-Oberaufsicht und für die Einführung von Domains mit Regionalbezug für Städte, Gemeinden und Regionen starkmachen.

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Von
  • Monika Ermert

Die Bundesregierung solle sich für die Einführung neuer Top Level Domains (TLD) im Domain Name System des Internets starkmachen – allen voran TLDs für regionale und urbane Gemeinschaften. Den Vorschlag für einen entsprechenden Beschluss bringen die Koalitionsfraktionen nach Diskussionen im Unterausschuss Neue Medien noch diese Woche in erster Lesung in den Bundestag ein. Der Initiator des Vorschlags, Jörg Tauss, medienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, teilte im Vorfeld mit, Adresszonen mit Regionalbezug – ganz im Stil der neu eingeführten Zonen .eu für die EU, .cat für Katalonien und .asia für den asiatischen Raum – seien von besonderer Bedeutung für deutsche Bundesländer, Städte, Gemeinden und Regionen.

Adresszonen wie .bayern, .nrw oder .berlin würden den Ländern und Gemeinden erlauben "sich noch stärker als bisher in ihrer Eigenheit wirtschaftlich und kulturell weltweit zu präsentieren", heißt es in dem Antrag. Die Nachfrage nach Regional- und Cityadresszonen ist beträchtlich. In Städten wie London, New York City und Berlin würden beispielsweise heute schon mehr Domainregistrierungen verzeichnet als in über 150 Ländern, die bereits über eine eigene Top-Level-Domain verfügen. Auch viele europäische Regionen wie Galizien, die Bretagne, Wales oder Schottland wollen es den Katalanen gleichtun. Im geplanten Beschluss wird daher die Bundesregierung aufgefordert, sich im Regierungsbeirat (Governmental Advisory Committee, GAC) der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) für die Einführung neuer TLDs auszusprechen. Von der ICANN wurde die Einführung neuer TLDs bislang zögerlich vorangetrieben, sehr zum Leidwesen der Vorreiter für die regionalen TLDs, allen voran dem Berliner Unternehmen dot.berlin.

Die Firma reagierte prompt auf den geplanten Bundestagsbeschluss: Geschäftsführer Dirk Krischenowski meinte in einer Mitteilung: "Wir freuen uns, dass der Deutsche Bundestag die Potenziale unserer Idee, künftig Internet-Adressen wie strato.berlin, konopke.berlin oder handwerk.berlin zu schaffen, verstanden hat und diese Pläne unterstützt! Berlin kann weltweit die erste Stadt sein, die über eine eigene Domainendung verfügt." Dot.berlin bemüht sich seit zwei Jahren um die Hauptstadtdomain und verwies in seiner aktuellen Pressemitteilung gleich auch auf eine Menge Unterstützung aus der Stadt. Lars Oberg (SPD) und Christian Goiny (CDU) sprechen demnach unisono von einem spannenden, unterstützenswerten Projekt.

Die "dot.Berliner" reagierten damit auch auf vereinzelte Kritik vonseiten der Bundesverwaltung an einer privatwirtschaftlichen Lösung für Regionaldomains. Im Bundestagsbeschluss heißt es mit Blick auf die Frage, ob Städte oder regionale Domains nicht gleich von der öffentlichen Hand selbst betrieben werden sollten: "Der Deutsche Bundestag hat in Anlehnung an die international übliche Domainverwaltung die nationale Verwaltung der Domain .de aus dem Geltungsbereich der Nummernverwaltung durch die Bundesnetzagentur ausgeklammert und privatwirtschaftlich organisierten Institutionen der Selbstregulierung überlassen. Dieses hat sich auch im Sinne der Entbürokratisierung bewährt und könnte auch künftig als Modell für neue regionale Top-Level-Domains gelten." Allerdings seien die Interessen der Inhaber von Namensrechten in angemessener Weise zu berücksichtigen, "sowohl was die Regeln der Vergabe betrifft, als auch die kostenfreie Reservierung" von offiziellen Domains, etwa "staatskanzlei.rheinland-pfalz".

Auch auf internationaler Ebene soll die Bundesregierung durchaus eine selbstverwaltete Domainverwaltung unter dem Dach von ICANN befürworten, heißt es im geplanten Beschluss. Allerdings wird dabei in salomonischen Formulierungen gleichzeitig auf eine stärkere Internationalisierung der DNS-Aufsicht gedrängt. Diese wird bislang unilateral von den USA ausgeübt, die damit auch in ICANNs Entscheidung über die Regeln bei der Domainvergabe hineinregiert. Bestes Beispiel ist die einseitige Spiegelung von US-Vorgaben bei den Whois-Datenbanken. Die US-Politik fordert hier einen völlig offenen Zugang zu allen Daten, auch Personendaten. Die Bundesregierung sollte dagegen, so fordert auch der geplante Bundestagsbeschluss, für einen Schutz persönlicher Daten sorgen.

Mit Blick auf die US-Privilegien fordern die Koalitionsfraktionen daher von der Bundesregierung, "im Rahmen ihrer Mitarbeit im Internet Governance Forum (IGF) der Vereinten Nationen darauf hinzuwirken, dass die Verwaltung der Top Level Domains weiter im Rahmen einer Selbstverwaltung der Internetgemeinschaft unter Aufsicht einer internationalen Kooperation durchgeführt wird". Die "Diskussionen über die künftige Struktur der politischen Kontrolle des Internets" dürfen allerdings laut dem Antrag nicht außer Acht gelassen werden. "Obwohl die ICANN längst Teil einer autonomen Selbstregulierung des Internets sein oder aber ihre Legitimation durch eine verstärkte internationale Kooperation erhalten sollte," heißt es in dem Antrag, "ist sie heute allein mit der US-Regierung durch staatliche Aufsicht und einen Vertrag verbunden." Ziel sei es, neben wichtigen Fragen der Weiterentwicklung des Adressraumes im Internet auch die dringend gebotene Internationalisierung der Verwaltung zentraler Infrastrukturelemente parlamentarisch zu begleiten, empfiehlt Initiator Tauss. (Monika Ermert) / (jk)