Themenmolekül: Morphologie wie noch nie

Glasers gesammelte Linkwolke aus der Welt der Wissenschaft und Technologie. Heute unter anderem mit 80 Millionen Jahren ohne Sex, saugschnabelbewehrten Katzenfischen und einer Welt auf Helium-Entzug.

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Von
  • Peter Glaser

Glasers gesammelte Linkwolke aus der Welt der Wissenschaft und Technologie. Heute unter anderem mit 80 Millionen Jahren ohne Sex, saugschnabelbewehrten Katzenfischen und einer Welt auf Helium-Entzug.

Auf meinen Expeditionen durch das Netz finde ich immer wieder bemerkenswerte Informations-Atome, die sich im Lauf der Zeit zu Themenmolekülen verbinden. Gelegentlich möchte ich an dieser Stelle solche Link-Gravitationswolken aus der Welt der fröhlichen Wissenschaft und Technologie vorlegen.

Eine Zecke war der erste Organismus, der lebend und in Bewegung unter einem Rasterelektronenmikroskop beobachtet wurde: In ein unangenehmes Vakuum verfrachtet und mit Elektronen bombardiert, winkt das Tierchen. Die Zecken, deren Widerstandsfähigkeit von Yasuhito Ishigaki von der Kanazawa Medical University entdeckt wurde, überstanden die Prozedur auch lebend.

So leicht kann's gehen: Die weltweiten Heliumvorräte schrumpfen. In den 20er Jahren entschieden die USA, dass Helium eine Ressource von strategischer Bedeutung sei. Man war zu der Ansicht gelangt, dass Lufthoheit in künftigen Kriegen von ausschlaggebender Bedeutung sein würde und ging von der Voraussetzung aus, dass man diese mit heliumgefüllten Luftschiffen erkämpfen würde. Die Amerikaner legten Lager mit Milliarden Litern Helium an (das als begrenzt vorhandenes Nebenprodukt in der Petrochemie gewonnen wird). In den späten 90er Jahren entschloß man sich dazu, die Lager abzuverkaufen. Nun mangelt es manchmal bereits empfindlich an dem Edelgas, das in Wissenschaft und Technik eine bedeutende Rolle spielt. "Es kostet etwa 36.000 Euro pro Tag, eine unserer Neutronenquellen zu betreiben", berichtet etwa der Physiker Oleg Kirichek vom britischen Rutherford Appleton Laboratory, "aber wir hatten drei Tage lang kein Helium, um Experimente mit den Beams durchzuführen. Mit anderen Worten: Wir haben über 100.000 Euro zum Fenster rausgeworfen, weil wir kein Helium bekommen haben." Der Physik-Nobelpreisträger Robert Richardson ist der Ansicht, dass ein heliumgefüllter Party-Luftballon 90 Euro kosten müßte, um die wahren Kosten des verwendeten Heliums zu reflektieren. Derzeit kann man für den Preis noch 200 Ballons füllen. Ironischer Weise ist Helium das zweithäufigste Element im Universum.

Wer sich immer schon mal gewünscht hat, Einblick zu nehmen Wunder wie den Formenreichtum und die Struktur eines saugschnabelbewehrten Katzenfischs, der kann dieser Neigung auf der Digital Morphology-Website endlich nachgehen. Sie ist Teil der National Science Foundation Digital Library der University of Texas in Austin und enthält hunderte von 2D- und 3D-Visualisierungen der inneren und äußeren Strukturen lebender als auch ausgestorbener Wirbeltiere (ein paar Wirbellose sind auch dabei). Bei den Bildern handelt es sich um Röntgen-CT-Scans mit einer höheren Auflösung als sie bei konventionellen medizinischen CAT-Scannern üblich ist.

Und noch eine weitere Website der National Science Foundation (NSF): Disasters. "Ob verursacht durch Naturgewalten, menschliche Fehler oder schlichte Böswilligkeit – Katastrophen entwickeln sich zu einer zunehmend kostspieligen Herausforderung", heißt es gleich eingangs, gefolgt von Hinweisen auf die wichtige Rolle der Forschung auf diesem Gebiet, die sich mit der Beobachtung, dem Studium, der Analyse und der Modellierung von Katastrophen befaßt – bis hin zu den Beiträgen der NSF nach den zerstörerischen Angriffen auf das World Trade Center und das Pentagon am 11. September 2001. Vintage Science: Und hier wieder eine Handvoll Herrlichkeiten aus dem Flickr-Füllhorn: Das Cover von Fun with Optics, ein Do-it-Yourself-Booklet für den fotografier- und teleskopierbegeisterten jungen Menschen von 1956. Ein grafisches Detail aus A Book of Astronauts for You von Franklyn M. Branley von 1963, und hier eines aus What the Moon is Like vom selben Autor. Raumfahren! Astronautsein! Oder in die Sterne gucken, hier die Stars unter den Instrumenten: Famous Telescopes von 1956 aus Grolier's Encyclopedia. Zuletzt ein Blick ins Innere der Elemente – The New World of Chemistry.

Man braucht nur Wasser dazuzutun: Rädertierchen überleben, allen Wahrscheinlichkeiten zum Trotz. Sie sind auch deshalb bekannt, weil sie seit 80 Millionen Jahren keinen Sex hatten. Der Biologe Dr. Alan Tunnacliffe aus Cambridge testet in diesem Video ihre Superwiderstandsfähigkeit, indem er ihren mikroskopisch kleinen Körpern 90% des Wassers entzieht, sie bis zum Siedepunkt erhitzt und anschließend in flüssigem Stickstoff friert. Die Rädertierchen überleben – und sie bringen uns einiges bei, was die Idee angeht, das Leben könne eventuell durch den Weltraum auf die Erde gelangt sein. (bsc)