NAB: Erster kommerzieller Holographie-Speicher von Inphase

Inphase glaubt, die dreidimensionale optische Aufzeichnung zur Marktreife entwickelt zu haben und zeigte einen Laufwerks-Prototypen.

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Von
  • Erich Bonnert

Bis zur Markteinführung soll Tapestry auf die Größe eines 5,25-Zoll-Laufwerks verkleinert werden [Klicken für vergrößerte Ansicht]

Mit der Holographie-Speicherung auf lichtempfindlichen Plastikscheiben will der Speicherspezialist Inphase aus Longmont/Colorado große Videobibliotheken bedienen, die bislang überwiegend mit Bandrobotern gespeichert werden. Die Holographie-Speicher namens Tapestry sind einmal beschreibbar und sollen mindestens 50 Jahre halten. Laut Hersteller ist Tapestry daher als Archivsystem prädestiniert. Die Firma wurde vor rund fünf Jahren von Lucent ausgegründet. Grundlagen des Verfahrens wurden zuvor in jahrelanger Arbeit bei den Bell Labs entwickelt. Holographie-Speicher sind ein komplexes technologisches Problem, an dem sich Wissenschaftler in Industrie und Universitäten seit Jahrzehnten die Zähne ausgebissen haben.

Inphase will Ende nächsten Jahres ein 300-Gigabyte-Laufwerk mit Übertragungsraten von 160 MByte/s vermarkten. In zwei weiteren Produktgenerationen sollen 1,6 TByte Kapazität und 960 MByte/s erreicht werden. Sowohl das Laufwerk als auch den Datenträger hat Inphase zunächst in Zusammenarbeit mit der 3M-Tochter Imation entwickelt. Diese Partnerschaft überstand die insgesamt zwölfjährige Entwicklungszeit jedoch nicht, was die Produkteinführung verzögert haben dürfte. Ursprünglich sollte Tapestry 2003 marktreif sein.

Seither arbeitet Inphase eng mit Speichermedienhersteller Maxell zusammen, der auch zu den Investoren gehört und erster Lizenznehmer wird. Weiteres Risikokapital kam von New Ventures Partner, der inzwischen unabhängigen früheren Venture-Capital-Tochter von Lucent. Über weitere Kunden will Inphase noch nichts verraten. Alle großen Videoarchive haben allerdings Interesse bekundet, erklärte Marketing-Chefin Liz Murphy. Es gilt außerdem als sicher, dass sich auch das US-Verteidigungsministerium für das Speicherverfahren interessiert, da es sich ganz besonders für die Kartografie sowie zur Simulation und Auswertung militärischer Szenarien eignen würde.

Das dreidimensionale holographische Speicherprinzip wird bereits seit Jahrzehnten an Instituten in den USA und Japan erforscht. Fast alle entwickelten Systeme blieben jedoch Laborkuriositäten -- unzuverlässig, unpraktikabel und extrem teuer. Neben Inphase arbeiten auch IBM und Philips an eigenen Entwicklungen.

Das Team von Chefentwickler Kevin Curtis hat eines der schwierigsten Probleme offenbar zufriedenstellend gelöst: einen Datenträger mit sehr guten optischen Eigenschaften und extrem glatter Oberfläche zu vertretbaren Kosten herzustellen. Das Material muss physisch und thermisch über lange Zeiträume stabil, die Oberfläche vollkommen frei von Verformungen sein. Die hauchdünne durchsichtige Polymer-Schicht liegt zwischen zwei klaren Kunststoffscheiben und bildet gleichzeitig den Leim, der die 1,5 Millimeter dicke Scheibe zusammenhält. Laut Inphase sollen die Medien etwa so viel kosten wie ein DVD-Rohling. Preise für die Laufwerke nennt die Firma noch nicht. Die Speicherkosten für die Hologrammarchive sollen aber anfangs zirka 40 Cents pro MByte betragen. In späteren Laufwerksgenerationen werde der Preis bedeutend fallen, stellt Murphy in Aussicht.

Aus dem Prototypen eines ROM-Hologramms soll einmal eine Minidisk von 8 GByte werden

Das Laufwerk teilt ein Datenvolumen in Blöcke von 1,3 Megabyte ein, die Seiten genannt werden. Rund 20 Seiten werden schichtweise übereinander geschrieben und bilden ein so genanntes Buch. Dann wird das Medium weiter bewegt, um das nächste Buch zu speichern. Die Seiten werden durch einen so genannten räumlichen Lichtmodulator (Spatial Light Modulator SLM) als schwarze und weiße Quadrate dargestellt. Ein blauer Laserstrahl wird in zwei Strahlen gespalten. Davon richtet sich einer, der Referenzstrahl, direkt auf das Medium. Der zweite, ein Signalstrahl, fällt zunächst auf den Modulator und wird durch das Bitmuster verändert. Dort wo der Signalstrahl auf den Referenzstrahl trifft, entsteht ein Interferenzmuster, das den Zustand des im Medium enthaltenen Polymers verändert -- das so erzeugte Hologramm ist dauerhaft gespeichert. Durch die Rotation der Scheibe wird der nächste Datenblock an einer anderen Stelle holographiert. Zum Auslesen der Daten rotiert ein digitaler Index die Scheibe an die richtige Position. Dort wird der Referenzstrahl reflektiert und das entstehende Lichtmuster kann von Fotozellen gelesen und in Bits umgewandelt werden.

Inphase hat noch ein weiteres Produkt in Entwicklung, für das ein ungenannter Auftraggeber eigens Venture-Kapital eingebracht hat: Mit Hilfe eines Rotlichtlasers soll ein ROM-Speicher auf holographischer Basis entstehen. Auf der Größe einer Euro-Münze sollen damit sechs bis acht GByte Platz haben. (Erich Bonnert) / (tol)