ITR: Staatliche Regeln fürs Routing, Peering und den Kampf gegen Spam

Für neue Telecommunication-Regulierungen schlagen arabische Staaten vor, das Routing im Internet staatlich zu kontrollieren. Andere fordern Regeln für die Spam- und Betrugsbekämpfung.

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Von
  • Monika Ermert

Bei der laufenden Novellierung der International Telecommunication Regulations (ITR) haben arabische Staaten vorgeschlagen, das Routing im Internet staatlich zu kontrollieren: Behörden sollen etwa ein Einsichtsrecht in die gewählten Routen erhalten sowie bei Sicherheitsbedenken Internet-Routen vorgeben dürfen.

Europäische und US-amerikanischen Regulierungsbehörden lehnten den Vorschlag zwar bereits ab, da Routing-Entscheidungen und die damit verbundenen Abrechnungsmodelle eine kommerzielle Angelegenheit sei. Doch die Gefahr unerwünschter Ergebnisse bei der ITR-Vertragskonferenz im Dezember sei damit nicht abgewendet, warnte Phil Rusthon, Stratege bei der British Telecom, vergangene Woche auf der RIPE-Konferenz in Ljubljana. Rusthon nannte neben den möglichen Eingriffen (PDF-Datei) ins Peering, Routing und eine Ausdehnung der ITR auf Sicherheitsfragen auch die Vorschläge, Maßnahmen gegen Spam in dem internationalen Vertrag zu regeln.

Rushton stellte in Ljubljana eine Reihe der umstrittenen Update-Vorschläge vor, darunter die Möglichkeit, die bei der ITU-T entwickelten Empfehlungen im Vertrag zu referenzieren. Dadurch könnten ITU-Standards, die per Abstimmung in verschiedenen Studiengruppen der ITU verabschiedet werden, eine stärkere Verbindlichkeit erlangen, fürchten unter anderem auch die Europäische Konferenz der Verwaltungen für Post und Telekommunikation (CEPT), die als Dachorganisation von Regulierer die Verhandlungsposition von 48 europäischen Staaten koordiniert.

Heiße Eisen bei den ITR-Verhandlungen, die heute in Genf im ITU Rat in eine siebte Vorbereitungsrunde gehen, sind auch Fragen zu ergänzenden Bestimmungen zu Spam, Betrug oder Herkunftskennzeichnung. "Können Anruferkennungen auch im IP-Netz bereit gestellt werden? Bei SIP?", fragte Rushton die RIPE-Teilnehmer. Was es am Ende in den Vertragstext schafft, wird noch bis Dezember auf dem diplomatischen Parkett verhandelt: US-Politiker und -Beamte warnten in den vergangenen Wochen jedoch immer wieder lautstark davor, der ITU durch entsprechende ITR-Klauseln eine wichtigere Rolle zu geben.

Die ITRs sind ein 1988 von den Mitgliedsstaaten der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) ausgehandelter Vertrag zur Telekommunikation. Zweck der ITR war es, den grenzüberschreitenden Betrieb von Telekommunikation zu erleichtern, für Interoperabilität zu sorgen und einen Rahmen für die Abrechnung zu entwerfen. Weil der völkerrechtlich verbindliche Vertrag aus der Zeit vor der Privatisierung der Telekommunikationsmärkte und vor der Ausbreitung des Internet stammt, soll bei der World Conference on International Telecommunication (WCIT) im Dezember ein Nachfolgevertrag verabschiedet werden.

Die runderneuerten ITRs sollen dem Markt positive Impulse geben, verkündeten das ITU-Sekretariat und die European Telecommunication and Network Operators (ETNO) nach einer gemeinsamen Konferenz vergangene Woche. Luigi Gambardella, Vorsitzender des Executive Board der ETNO, rief dazu auf, die wachsende Diskrepanz zwischen den Erträgen und Kosten der Netzbetreiber zu thematisieren.

Einen Überblick über laufende ITR-Diskussion bietet die Internet Society. (rek)