Suchmaschinen und der Datenschutz: Fahren die Kraken ihre Arme ein?

Alle großen Suchmaschinenbetreiber kündigten an, den Datenschutz zu verbessern. Datenschützer halten die Vorschläge für unzureichend und fordern anonyme Suchangebote.

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Von
  • Christof Kerkmann
  • dpa

Fahren die Datenkraken ihre Arme ein? In den vergangenen Tagen kündigten alle großen Suchmaschinenbetreiber an, den Datenschutz zu verbessern. Google, Yahoo und Microsoft speichern Informationen über ihre Nutzer künftig kürzer – ganz verzichten wollen sie auf die wertvollen Informationen aber nicht. Datenschützer halten die Vorschläge für unzureichend und fordern anonyme Suchangebote.

Unbemerkt vom Nutzer protokollieren die Suchmaschinen jede Eingabe. Marktführer Google etwa, der in Deutschland mehr als 90 Prozent aller Anfragen bearbeitet, speichert auf seinen Servern Suchwörter, Uhrzeit und IP-Adresse. Zudem legt die Suchmaschine auf dem Rechner des Nutzers Cookies ab. Diese Dateien speichern nicht nur das Profil, sie sind auch der Schlüssel zu den Aufzeichnungen auf den Servern der Suchmaschinen.

Google speicherte diese Informationen lange Zeit unbefristet, was ihm den Vorwurf eintrug, eine Datenkrake zu sein. Erst nachdem EU-Datenschützer Bedenken äußerten, verringerten die Unternehmen die Aufbewahrungsfristen von Mitschnitten und Cookies. Nun wollen etwa Google und auch Microsoft die Daten nach 18 Monaten anonymisieren. Yahoo will Anfragen 13 Monate speichern.

Dennoch bleiben Datenschützer skeptisch. "Die Frist ist immer noch zu lang. Wer anonym surfen will, soll das auch tun können", sagt Thilo Weichert, Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein. Die Aufzeichnungen der Suchmaschinen erlauben es etwa, detaillierte Profile zu erstellen – Informationen über Beruf, Freizeit, Religion oder politische Gesinnung inklusive. Und selbst anonymisierte Daten reichen oft, um den Nutzer zurückzuverfolgen – dank Suchanfragen zur Familie, dem Arbeitgeber oder Sportverein.

Die Sammelleidenschaft hat vor allem kommerzielle Gründe. "Wir nutzen die Daten in erster Linie, um die Qualität des Service zu verbessern", sagt Stefan Keuchel, Pressesprecher von Google Deutschland. Die Suche soll also präziser werden. "Man kann die gleiche Benutzerfreundlichkeit auch ohne persönliche Daten erreichen", sagt dagegen Hendrik Speck, Professor für Informatik an der FH Kaiserslautern.

Yahoo und Microsoft nutzen die Profile aber auch, um Werbung an die Nutzerinteressen anzupassen. "Wer sich für Reisen interessiert, bekommt auch Reise-Werbung eingeblendet", sagt Yahoo-Sprecherin Judith Sterl. Dies geschehe anonymisiert. Die Branche spricht vom "behavioral targeting" – die Reklame zielt direkt aufs Surfverhalten ab. Je treffsicherer die Einblendung, desto höher die Erlöse – für eine werbefinanzierte Branche ist das höchst attraktiv. "Ich gehe davon aus, dass alle Suchmaschinen das praktizieren", sagt Weichert.

Die riesigen Datenpools könnten nicht nur kommerziellen Zwecken dienen – auch der Staat könnte darin fischen. Hendrik Speck hat dabei vor allem die amerikanischen Strafverfolgungsbehörden im Blick: "Sämtliche Suchmaschinen in den USA müssen seit dem "Patriot Act" über angefragte Personen Auskunft geben."

User können sich aber selbst schützen – indem sie Cookies auf ihrem Computer manuell löschen oder Programme zur Anonymisierung nutzen. Dies passiere jedoch zu selten, bemängelt Speck: "Die Medienkompetenz der Nutzer hinkt hinter dem Bedrohungspotenzial hinterher." Immerhin ist der Markt für Suchmaschinen jetzt in Bewegung geraten: Der US-Anbieter Ask.com will seinen Nutzern "im Laufe des Jahres" eine anonyme Suche anbieten, und auch Microsoft denkt über ein solches Angebot nach. (Christof Kerkmann, dpa) / (jk)