Telecom-Markt Deutschland: Business as usual

Noch mehr Handykunden und mobiles Geplauder sowie SMS und zugleich eine Erosion der Festnetz-Telefonie, vermerkt die Bundesnetzagentur in ihrem Jahresbericht für 2011. Nach dem Telecom-Boom früherer Jahre rücken nun die Stromnetze in den Fokus.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Mehr SMS: Die Steigerung um 30 Prozent ist der zunehmenden Nutzung von Pauschaltarifen geschuldet.

(Bild: Jahresbericht Bundesnetzagentur)

Mehr Internet-Bandbreite für wachsende Kundenkreise und (noch) mehr Mobilfunkverträge auf der Haben- sowie (weiter) sinkende Umsätze und rückläufige Beschäftigtenzahlen im klassischen Telekommunikationsgeschäft auf der Sollseite: Dies ist die Quintessenz dessen, was die Bundesnetzagentur in ihrem jetzt vorgelegten Jahresbericht für 2011 über die Entwicklung der Telecom-Branche zusammengetragen hat.

Beim Telefonieren ist der Vormarsch der mobilen Geräte laut Bericht (PDF-Datei) ungebrochen. Die Handynutzung wächst weiter und viele Nutzer haben inzwischen mehr als ein Gerät. Vor allem Smartphones und Tablet-PCs gewinnen an Verbreitung. Auch ein zunehmender Teil der Internetnutzung läuft inzwischen mobil.

Die Zahl der Mobilfunkteilnehmer ist auch 2011 weiter gestiegen, er lag Ende des Jahres bei mehr als 114 Millionen. Rein rechnerisch besitzt demnach jeder Einwohner in Deutschland durchschnittlich 1,4 Handys. Innerhalb von zehn Jahren hat sich die Mobilfunknutzung damit etwa verdoppelt. Als Ursachen für die scheinbare Überversorgung kommen außer dem Mitzählen inaktiver Karteileichen oder fragwürdiger Zählmethoden auch handfeste Wachstumstreiber in Betracht – als Beispiel nennt die Behörde die Zunahme von M2M-(Machine-to-Machine)-Kommunikation.

Ende 2011 waren in Deutschland rund 27,3 Millionen Breitbandanschlüsse in Betrieb.

(Bild: Jahresbericht Bundesnetzagentur)

Die Zahl der Gesprächsminuten im Festnetz ging 2011 wie schon im Jahr davor zurück und betrug (einschließlich VoIP) etwas über 191 Milliarden Minuten, wovon rund 92 Milliarden auf Wettbewerber der Deutschen Telekom entfielen. Hingegen plauderten deutsche Mobilfunkkunden 2011 insgesamt 107 Milliarden Minuten (abgehende Gespräche) beziehungsweise 86 Milliarden Minuten lang, wenn sie auf dem Handy angerufen wurden. Damit setzte sich das seit Jahren bestehende Wachstum fort; die Vergleichswerte für 2010 betragen 102 Milliarden beziehungsweise 82 Milliarden Minuten. Auch SMS lassen weiter die Kassen der Provider klingeln: 2011 wurden rund 55 Milliarden Kurznachrichten versandt – ein Sprung um mehr als 30 Prozent binnen Jahresfrist.

Breitbandanschlüsse 2011

(Bild: Jahresbericht Bundesnetzagentur)

Beim Festnetz-Internet wuchs die Zahl der DSL-Anschlüsse nach dem Boom im zurückliegenden Jahrzehnt nur noch leicht auf 23,4 Millionen. Die Kabelnetzbetreiber konnten mit nun 3,6 Millionen Internet-Anschlüssen zulegen; 80 Prozent dieser Kunden können nominell mit 10 Mbit/s und mehr surfen. Unter den „vermarkteten Bandbreiten bei Breitbandanschlüssen“ insgesamt entfiel 2011 der Löwenanteil (47,3 Prozent) auf die Spanne von 2 Mbit/s bis 10 Mbit/s. Zugleich begnügt sich fast ein Viertel der Kunden mit weniger. Schuld daran ist laut Bundesnetzagentur nicht unbedingt der Provider, vielmehr gebe es inzwischen eine „deutliche Diskrepanz zwischen dem Angebot an hohen Bitraten und der tatsächlich nachgefragten Bandbreite“.

Bei der Präsentation des neuen Jahresberichts der Bonner Behörde am gestrigen Freitag rückten deren neuer Präsident und dessen Spezialgebiet, die Energiewirtschaft, in den Mittelpunkt des Interesses: Mit Jochen Homann leitet erstmals ein Kandidat der FDP die Regulierungsbehörde, seine beiden Vorgänger, die abwechselnd aus den Reihen von CDU/CSU beziehungsweise SPD stammten, hatten eine Affinität zur Telekommunikation gemein. Während die Telcos nach neuen Umsatzquellen suchen, sieht die Energiebranche einem Umbruch entgegen. Homann hatte das schleppende Tempo beim Ausbau der Stromleitungen moniert und die Verbraucher auf steigende Strompreise eingestimmt. (ssu)