Neue TLDs: Datenpanne ruft Geschäftemacher auf den Plan

Nachdem durch Fehler im Antragsverfahren für neue Top Level Domains über hundert davon für Unbefugte erkennbar waren, wächst die Sorge, dass Trittbrettfahrer mit attraktiven Domains einen schnellen Dollar machen könnten.

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Von
  • Monika Ermert

Ab dem 22. Mai bekommen bei der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) registrierte Bewerber voraussichtlich noch einmal fünf Tage Zeit, Zulassungsanträge für neue Top Level Domains (TLDs) einzureichen. Die ICANN hatte nach einer technischen Panne unmittelbar vor dem Ende der offiziellen Bewerbungsfrist ihr TLD Application System (TAS) vom Netz genommen. Untersuchungen der Logfiles hätten auch Anfang der Woche weitere Fälle aufgedeckt, in denen die Namen von Bewerbern beziehungsweise Dateinamen für Dritte sichtbar gewesen waren, heißt es in einem neuerlichen Bericht der ICANN.

Inzwischen fragen sich Bewerber und Beobachter, warum die ICANN so lange braucht, um der Panne Herr zu werden. Mögliche Beweggründe innerhalb der Non-Profit-Organisation, die jährlich Millionenbeträge umsetzt, sind die Furcht vor Klagen und ihr Bemühen, eine wasserdichte Aufarbeitung zu präsentieren. Wer eine bestimmte Bewerbung gesehen hat, könnte tatsächlich versuchen, daraus Kapital zu schlagen, sagt Dirk Krischenowski, Geschäftsführer von DotBerlin und Mitgründer des TLD-Beratungsunternehmens Dotzon.

"Jemand, der beispielsweise die Bewerbung von Linde gesehen hat, könnte einen fertigen Account bei mytld.com für 300.000 Dollar kaufen, eine Linde-Bewerbung abgeben und später 600.000 Euro von Linde verlangen", erklärt Krischenowski. MyTLD öffnet Nachzüglern ein Hintertürchen, nachdem eine Vorabregistrierung als Bewerber bis zum 29. März notwendig war. "Wenn es einen Mitbewerber für eines der von uns betreuten Projekte gibt und wir im Nachhinein herausbekommen würden, dass dieser die Bewerbung erst kurz vor Schluss eingegeben hat, würden wir eine Klage sicher andenken", kündigt Krischenowski an.

Gerade für Unternehmen, die erstmals mit der ICANN zu tun hätten, sei die Datenpanne wenig vertrauensbildend, sagt Rechtsanwalt Thomas Rickert. Die Firmen hätten schon schon ihre Finanzdaten nur widerwillig gegenüber der privatrechtlich organisierten ICANN offengelegt, wie es im Bewerbungsverfahren verlangt war. Geradezu "unwürdig" sei darüber hinaus, dass die Bewerber sich per "digitalem Bogenschuss" einen Platz unter denen ergattern müssen, deren Bewerbungen zuerst abgearbeitet werden sollen.

Weil Lotterien nach geltendem kalifornischem Recht, wie es auch für die ICANN gilt, nicht erlaubt sind, müssen Bewerber sich zu einer von Ihnen vorab bestimmten Zeit im "Digital Archery-System" zurückmelden. Nach der Datenpanne beim TAS dürften die ICANN-Anwälte dem digitalen Bogenschuss mit einiger Sorge entgegenblicken. Die bislang erwarteten über 2000 Bewerbungen sollen in Gruppen von je 500 abgearbeitet werden. Denen, die nun lieber einen Rückzieher machen möchten, bietet die ICANN seit dem Wochenende übrigens die volle Rückzahlung der Bewerbungsgebühr an. (ssu)