EU-Rat will Informationsfreiheit einschränken

Die dänische Ratspräsidentschaft hat einen Verordnungsentwurf vorgelegt, der die Definition einsehbarer Dokumente und Akten deutlich einschränken soll. Ganze Bereiche des Regierungshandelns blieben demnach außen vor.

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Die dänische EU-Ratspräsidentschaft möchte das Zugangsrecht zu Akten des Brüsseler Verwaltungs- und Regierungsapparates deutlich einschränken. Bisher seien unter die Informationsfreiheit in Europa prinzipiell "jegliche Inhalte unabhängig von ihrer Medienart" gefallen, warnt die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch. Die neue Definition erfasster "Dokumente" beziehe sich laut einem von der Vereinigung veröffentlichten Verordnungsentwurf (PDF-Datei) dagegen nur noch auf "formell an einen oder mehrere Empfänger übermittelte" Dossiers oder Akten. Alternativ solle eine Einsicht in Dokumente möglich sein, die von einem zuständigen Mitarbeiter gebilligt oder "in anderer Form für den vorgesehenen Zweck vollständig bearbeitet" worden seien.

Sämtliche Entwürfe oder Diskussionspapiere des Rats, der Kommission und des Parlaments würden so der Öffentlichkeit vorenthalten, fürchtet Statewatch-Direktor Tony Bunyan. Dies sei nicht vereinbar mit dem jüngsten Lissabonner EU-Vertrag. Schon der Amsterdamer Vertrag von 1997 habe versprochen, das Zugangsrecht juristisch fest zu verankern. Mit der Umsetzung 2001 sei davon nur "der halbe Kuchen" übrig geblieben. Gehe es nach dem Rat und der Kommission, fielen für die Bürger nur noch ein paar Brosamen ab.

Auch die Aktivisten der Webseite "Wobbying Europe" zeigen sich besorgt. Sie verweisen darauf, dass zusätzlich zur Neudefinition dem Willen der Dänen nach Dokumente zu ganzen Bereichen des Brüsseler Regierungshandelns außen vor blieben – beispielsweise zu Vertragsverletzungsverfahren oder zu Wettbewerbs- und Kartellfällen. Auch Papiere der Rechtsdienste wären noch eingeschränkter zugänglich. Ferner sollten ins Feld geführte Datenschutzbedenken stets Vorrang haben vor dem Recht auf Akteneinsicht. Die schwedische Justizministerin Beatrice Ask von den Konservativen habe sich ebenso wie Regierungsvertreter aus Finnland bereits gegen das Vorhaben ausgesprochen.

Schon heute gibt es zahlreiche Konfliktfälle im Bereich Informationsfreiheit auf EU-Ebene. Ob es sich etwa um die Anti-Piraterie-Übereinkunft ACTA, das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indien oder Auslegungen der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung dreht – immer wieder beklagen Bürger unzureichende Aktenzugangsrechte. Das EU-Parlament sprach sich 2009 zwar bereits für eine Stärkung der Informationsfreiheit aus. Rat und Kommission haben sich auf diesen Kurs bislang aber nicht eingelassen. Die Dänen wollen nun das weitere Vorgehen im Rahmen sogenannter Trialog-Gespräche zwischen allen EU-Gremien abstecken. (axk)