Justizminister der Länder uneinig über Online-Durchsuchung von PCs

Während die bayrische Justizministerin Beate Merk (CSU) auf eine schnelle Regelung für Online-Durchsuchungen dringt, warnt ihr schleswig-holsteinischer Kollege Uwe Döring (SPD) vor unpraktikablen Gesetzen und dem Verniedlichen der Risiken.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 148 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Dorothee Wiegand

Die bayrische Justizministerin Beate Merk (CSU) fordert eine schnelle gesetzliche Regelung für die Online-Durchsuchung von Rechnern. Die aktuelle Reform der Telefonüberwachung sei ein guter Anlass, um auch Online-Durchsuchungen neu zu regeln, sagte Merk in einem Gespräch mit der "Welt am Sonntag". Ihrer Ansicht nach ist es sinnvoll, die Telefonüberwachung und das heimliche Ausforschen von Internet-PCs an dieselben Voraussetzungen zu knüpfen. Es komme darauf an, ein praktikables Gesetz zu schaffen, "das auch bei Tatbeständen wie der Verbreitung von Kinderpornografie greift", sagte Merk der Zeitung.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte dem Bericht zu Folge vorgeschlagen, dass für Online-Überwachungen dieselben Voraussetzungen gelten sollten wie beim Großen Lauschangriff. Eine solche Regelung geht Merk nicht weit genug. "Auch der Bundesgerichtshof ist der Meinung, dass die Online-Durchsuchung nicht so intensiv ist wie die Wohnraumüberwachung", sagte Merk der "Welt am Sonntag".

Schleswig-Holsteins Justizminister Uwe Döring (SPD) unterstützt die Haltung der Bundesjustizministerin. "Gegen Online-Durchsuchungen sprechen pragmatische und verfassungsrechtliche Argumente", sagte Döring der dpa in Kiel. Zuletzt hatten sich auch in der SPD Innenpolitiker den Forderungen aus der CDU angeschlossen, staatlichen Hackern das Ausspionieren privater Computer zu erlauben.

"Die Befürworter von Online-Durchsuchungen berufen sich gerne auf die Vergleichbarkeit mit dem so genannten Großen Lauschangriff", sagte Döring. Tatsächlich unterstütze dieser Vergleich jedoch eher die Argumente der Skeptiker, da nur ein eng eingegrenzter "Großer Lauschangriff" überhaupt den Segen des Bundesverfassungsgerichts bekomme. Die Auflagen seien so gravierend, dass das Verfahren aus Sicht von BKA-Chef Ziercke für die Praxis nicht mehr taugt und kaum noch angewendet wird. Einem Online-Durchsuchungsgesetz drohe dasselbe Schicksal, sagte der Minister. "Es müsste durch komplizierte Regelungen Missbrauch verhindern und den Kernbereich des Persönlichkeitsrechts sicherstellen. Der praktische Wert von Online-Untersuchungen könnte dadurch gegen Null tendieren."

Döring sieht die Gefahr, dass Politiker die Risiken des unbemerkten Durchsuchens von PCs herunterspielen: "Wenn Rechtspolitiker wie Herr Wiefelspütz vom 'Streife gehen im Internet' sprechen, verniedlicht das den gravierenden staatlichen Übergriff in die Privatsphäre, der mit dem heimlichen Zugriff auf einen Computer verbunden sein kann." Für eine effektive Strafverfolgung könnten die Ermittlungsbehörden schon jetzt auf Alternativen wie die Überwachung von Mail-Verkehr und die Beschlagnahme von Festplatten zurückgreifen.

Anfang Februar hatte der Bundesgerichtshof Online-Durchsuchungen verboten . Dafür sei eine eigenständige gesetzliche Grundlage erforderlich, die derzeit nicht existiere. Für den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen ist die Onlinedurchsuchung seit einer Änderung des Verfassungsschutzgesetzes im Dezember 2006 allerdings bereits erlaubt. Gegen diese Neuregelung wurde inzwischen eine Verfassungsbeschwerde eingelegt. (dwi)