Sondergericht schränkt Anti-Terrorbespitzelungen durch die USA ein

Der Foreign Intelligence Surveillance Court hat die Möglichkeiten der US-Geheimdienste zur Überwachung internationaler Telekommunikation im Anti-Terrorkampf eingeschränkt und bei Republikaner damit Alarm ausgelöst.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 38 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Ein US-Sondergericht für Geheimdienstfragen hat den US-Nachrichtendiensten neue Grenzen bei der Überwachung internationaler Telekommunikation im Anti-Terrorkampf gezogen und damit bei US-Abgeordneten Alarm ausgelöst. "Es gibt ein Urteil aus den vergangenen vier oder fünf Monaten, das unseren Nachrichtendiensten und der Gegenaufklärung die Möglichkeit nimmt, zwei Terroristen in anderen Teilen der Welt abzuhören, wenn die Kommunikation über die Vereinigten Staaten laufen könnte", zitiert die Los Angeles Times den Anführer der republikanischen Minderheit im US-Repräsentantenhaus, John Boehner.

Auch der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des US-Senats, der Demokrat John Rockefeller, zeigte sich besorgt. "Jüngste technische Entwicklungen" hätten ihn überzeugt, dass mit dem Ergreifen sofortiger Zwischenschritte das Sammeln ausländischer Aufklärungsinformationen verbessert werden müsse. Dabei dürften die Grundrechte der US-Bürger aber nicht auf der Strecke bleiben.

Im Rahmen spezieller, von US-Präsident George W. Bush angeordneter Anti-Terrorprogramme war es den US-Geheimdiensten unter der Führung der auf Technikfragen spezialisierten National Security Agency (NSA) bislang vergleichsweise einfach gestattet, insbesondere die internationale Kommunikation von Terrorverdächtigen via Telefon oder E-Mail in den USA abzuhören. Während die damit auch verbundene Lizenz zum Beschnüffeln von US-Bürgern seit langem heftig umstritten ist und seit Anfang des Jahres wieder richterlicher Kontrolle unterliegen muss, gab es bei den Abhörmaßnahmen von Ausländern weniger Bedenken. Die US-Dienste durften sich dabei ohne große verfahrenstechnische Hürden in die Schaltstellen von TK-Anbietern und Netzknotenpunkte einklinken, wenn die Kommunikation von Terrorverdächtigen über die USA geleitet wurde.

Laut dem Medienbericht mag der Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC) von dieser Praxis nun aber nichts mehr wissen. Unklar ist noch, ob nach Ansicht des Sondergerichts auch eine richterliche Genehmigung vorliegen muss, wenn einer der Gesprächspartner in den USA sitzt. Auf jeden Fall soll der auf Grundlage des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) agierende Gerichtshof den pauschalen Antrag der US-Regierung auf einen ganzen Korb voller Überwachungsbegehren mit unterschiedlichen, nicht näher spezifizierten Abhörzielen zurückgewiesen haben.

Demnach besteht das Sondergericht – wie bei der Überwachung von US-Bürgern – auf fallbezogene Genehmigungen auch beim Belauschen der internationalen Telekommunikation. Das großflächige Sammeln von Geheimdienstinformationen ist damit blockiert. Bei Einzelanträgen hat sich der FISC bisher aber großzügig gezeigt: Im Jahr 2005 winkte er 2072 Begehren durch, im vergangenen Jahr 2176. Nur in einem Fall wies er dabei das Ansinnen der Spione teilweise zurück.

Im US-Kongress, der am Montag in die parlamentarische Sommerpause geht, wird derweil angesichts von Geheimdienstberichten über ein erneutes Erstarken der al-Qaida noch verzweifelt nach gesetzgeberischen Zwischenlösungen gesucht. Die Demokraten haben sich für einen Ansatz ausgesprochen, der den Nachrichtendiensten eine "gewisse aggregierte Ansammlung" ausländischer Aufklärungsinformationen gestatten soll. Die Bush-Regierung und die Republikaner haben sind dagegen generell gegen einen Richtervorbehalt, wenn "vernünftige" Anhaltspunkte darauf hindeuten, dass das Überwachungsziel außerhalb der USA sei. Entsprechende Bespitzelungen der Telekommunikation zwischen Ausländern anordnen können sollen der US-Justizminister und der Chef der Obersten US-Geheimdienstbehörde. Nur bei besonderen Überwachungsaktivitäten will die US-Regierung den FISC vorab mit einbeziehen. (Stefan Krempl) / (jk)