Burnout in der IT-Branche

Wie stark sind IT-Mitarbeiter gefährdet, einen Burnout zu erleiden? Und helfen Coaching oder Reflexion wirklich? Der Frage ist eine neue Studie nachgegangen.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Diplom-Ingenieur Tim Sturm hat im Rahmen seines Studiums "Supervision & Coaching" an der Donau-Universität Krems einen Fragebogen entwickelt, mit dessen Hilfe er eine wissenschaftlich fundierte Aussage über das tatsächliche Ausmaß der Burnout-Gefährdung in der IT-Branche machen wollte. Weiteres Ziel war es, zu überprüfen, ob Reflexion, Coaching und Supervision tatsächlich wirksame Präventions-Instrumente sind. Teilgenommen haben insgesamt 1.155 IT-Mitarbeiter aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Damit handelt es sich bei der Studie um eine der bisher größten und aussagekräftigsten Arbeiten zum Thema Burnout im IT-Bereich.

Die Ergebnisse sind erschreckend, denn sie zeigen, dass IT-Mitarbeiter besonders oft unter Burnout-Symptomen leiden. Denn das Bild der IT-Branche als Eldorado der guten Arbeit mit geringen psychischen Belastungen und einem großen Raum für Freiheit und Kreativität hat sich gewandelt. Es habe eine Leistungs- und Wissensverdichtung stattgefunden, die die Mitarbeiter zunehmend belaste. Projekt- und kleinteilige Arbeit, die Belastung durch neue Managementkonzepte und eine geringe Identifikation mit dem Unternehmen haben den Stress noch weiter ansteigen lassen.

80 Prozent der IT-Fach- und Führungskräfte arbeiten deshalb heute 40 bis 53 Stunden pro Woche. Das ist ziemlich viel und jede weitere Stunde lässt die Wahrscheinlichkeit eines Burnout weiter ansteigen. Wie die Untersuchung zeigt, gibt es einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Risiko und der Arbeitszeit. Wer mehr als 54 Stunden arbeitet, ist um 12 Prozent stärker gefährdet, als Personen, die weniger arbeiten.

Keine Besserung: Schon 2005 waren IT-Beschäftigte überdurchschnittlich Burnout-gefährdet

(Bild: DIWA-IT/Dr. Andreas Boes)

Laut Sturms Untersuchung liegt der Anteil der Burnout gefährdeten IT-Mitarbeiter in Deutschland aktuell bei rund 57 Prozent. Mehr als die Hälfte läuft also Gefahr, ernsthaft an entsprechenden Symptomen zu erkranken. Besonders schlecht geht es dabei den Frauen in der IT-Branche, ihr Anteil unter den Gefährdeten ist um 15 Prozent höher als der der Männer. Besonders gefährdet sind außerdem – geschlechtsunabhängig – Personen, die im Support arbeiten. Von den Mitarbeitern, die im Bereich HW Services, User Help Desk oder 2nd Level Support tätig sind, sind 65 Prozent gefährdet, 17,5 Prozent davon befinden sich bereits in einem "kritischen" Zustand.

Wie die Ergebnisse weiter zeigen, ist die berufliche Reflexion in Form eines Mitarbeitergesprächs, Mentorings, Coachings oder Supervision sehr gut dazu geeignet, die Belastung zu verringern. Je intensiver die Art der beruflichen Reflexion ist, desto geringer ist danach das individuelle Burnout-Risiko der IT-Kräfte. Am besten funktionieren Coaching und Supervision. Von den IT-Mitarbeitern, die solche Angebote nutzen, sind nur 35 Prozent Burnout gefährdet. Das sind 25 Prozent weniger als in der Gruppe, die keine Unterstützung bekommt.

Besonders schlimm ist in der IT-Branche demnach die Emotionale Erschöpfung (46,84 Prozent). Sogar bei den laut anderen Studien diesbezüglich besonders belasteten Ärzten liegt die Quote um 15 Prozent niedriger. Depersonalisation und Zynismus (DPZ) ist in der IT-Branche ebenfalls besonders stark ausgeprägt (über 20 Prozent höher). Der hohe DPZ-Wert ist laut Experten ein klares Indiz dafür, dass sich die Befragten bereits in einem fortgeschrittenen Burnout-Stadium befinden. (map)
(masi)