Urteil: Link zu Foto kann Persönlichkeitsrechte verletzen

In seiner wöchentlichen Kolumne hatte heise online fremde Fotos eines Münchner Rechtsanwalts verlinkt. Das OLG München sieht den Anwalt dadurch in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt.

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Von
  • Holger Bleich

Der Heise Zeitschriften Verlag hat am Oberlandesgericht (OLG) München eine juristische Schlappe einstecken müssen. Dabei geht es um einen Teilaspekt im Verfahren gegen einen bekannten Münchner Rechtsanwalt. Der Verlag erstritt zuvor unter anderem erfolgreich, den Anwalt aus den Foren von heise online ausschließen zu dürfen. Außerdem blieb ein Antrag des Anwalts erfolglos, mit dem er verhindern wollte, dass Forennutzer auf heise online anstatt seines Adelstitels seinen seit 1979 nicht mehr aktuellen bürgerlichen Namen verwenden, wenn sie über ihn diskutieren.

In einem Punkt, dem der Verlag grundsätzliche Bedeutung beimisst, obsiegte der Münchner Anwalt allerdings im Berufungsverfahren (Az. 18 U 2067/07): Auch das Oberlandesgericht als Zweitinstanz hat dem Verlag untersagt, im satirischen Kontext auf eine Website zu verlinken, auf der sich unter anderem auch zwei Fotos des Anwalts befinden, und damit "einen Bezug zur anwaltlichen Tätigkeit des Beklagten herzustellen". Die Bilder zeigen den Anwalt mit freiem Oberkörper oder im Kampfanzug beim Paintball-Spiel, das Gesicht ist jeweils durch einen schwarzen Balken unkenntlich gemacht. Durch das Setzen des Links habe der Verlag Bildnisse des Beklagten "öffentlich zu Schau gestellt", ohne dass dieser "in die Veröffentlichung eingewilligt" habe. Eine solche Einwilligung des Abgebildeten sei jedoch im vorliegenden Fall erforderlich.

Konkret geht es um die wöchentliche Kolumne "Was war. Was wird." ("WWWW") auf heise online. Am 19. September 2004 setzte sich der Autor satirisch mit einer Äußerung des Münchener Anwalts auseinander. Dieser hatte in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung erklärt, das Verhalten der Ermittlungsbehörden bei der Verhaftung des damaligen Kanzleikollegen erinnere ihn "fatal an die Methoden in Guantanamo Bay". Diese Aussage könne nur "mit einer Portion Realitätsverschiebung getroffen werden", war im WWWW zu lesen. Das Wort "Realitätsverschiebung" war mit einem Hyperlink zu den Fotos versehen.

Dass es sich bei dem Text ganz offensichtlich um einen satirischen Kommentar handelt, ließ das Gericht in seiner Abwägung unbeachtet. Auch, dass im Artikel der Name des Rechtsanwalts nicht genannt ist, spielte der Urteilsbegründung zufolge keine Rolle bei der Entscheidung, denn "die Identität des Beklagten war für die sachlich interessierte Leserschaft des Artikels mühelos ermittelbar". Ebenso unbeachtlich fanden die Richter die Tatsache, dass der Anwalt sogar selbst in Forum des Verlags einen Link auf die Paintball-Website gepostet hatte.

Dem Argument des Verlags, der Anwalt habe nachweislich der ursprünglichen Veröffenlichung der Fotos auf dem fremden Webserver zugestimmt, schenkte das Gericht kein Gehör. Schließlich, so die Richter, werde das durch den Link "zur Schau gestellte Bild aus dem Zusammenhang gerissen". Immerhin erfolgte die Veröffentlichung eigentlich "auf einer Internetseite, die sich mit Paintball als einer Möglichkeit der Freizeitgestaltung befasst".

Die verlinkten Abbildungen stellen nach Ansicht des Gerichts "keinen Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse dar, weil ihnen keine Information über ein zeitgeschichtliches Interesse zu entnehmen ist". Der Anwalt werde durch die Verlinkung der Bilder "gleichsam als Zeuge seiner angeblichen Dummheit, Borniertheit und Realitätsverschiebung wegen seiner Beschäftigung mit dem Paintballspiel ins Feld geführt", dadurch würden seine berechtigten Interessen verletzt.

Joerg Heidrich, Justiziar des Heise Zeitschriften Verlags, kündigte bereits rechtliche Schritte gegen die OLG-Entscheidung an: "Unserer Ansicht nach wird der Verlag hier in seinem Grundrecht auf Meinungs- und Pressefreiheit unzulässig und in nicht nachvollziehbarer Weise beschnitten. Folgt man der Argumentation des OLG, so muss man zukünftig im Zweifelsfalle vor jeder Verlinkung alle auf der Seite abgebildeten Personen um ihre Erlaubnis bitten." Der Verlag wird zunächst Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH einreichen, da das OLG eine Revision seines Urteils nicht zugelassen hat. (hob)