Abofallen-Betreiber geraten selbst in Kostenfalle

Nach einem Urteil des OLG Frankfurt am Main müssen die Betreiber einer Abofallen-Website Schadenersatz für eine Filesharing-Abmahnung leisten, bei der ein über die Seite vertriebenes Programm genutzt wurde.

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Von
  • Joerg Heidrich

Wer im Rahmen eines zweijährigen Software-Abonnements Filesharing-Programme an Verbraucher vertreibt, kann schadenersatzpflichtig sein, wenn durch die Nutzung der Software Abmahnkosten entstehen. Dies gilt zumindest dann, wenn der Anbieter nicht vorab darauf hingewiesen hat, dass Dateien ohne Zutun des Nutzers Dritten online bereit gestellt werden. Zu diesem Ergebnis kommt ein Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 15. Mai 2012 (Az. 11 U 86/11), das heise online vorliegt.

2006 hatte der seinerzeit noch minderjährige Kläger mit der Beklagten einen Vertrag über den Zugang zu einem Internetportal für zwei Jahre geschlossen. Dort wurde unter anderem das Filesharing-Programm Bearshare angeboten, das der Kläger auf seinem Rechner installierte. Ein Jahr später erhielt er eine Abmahnung, weil er urheberrechtlich geschützte Musikdateien zum Herunterladen zur Verfügung gestellt hatte. Neben rund 1500 Euro Schadenersatz zahlte er auch rund 830 Euro eigene Anwaltskosten. Daraufhin verlangte er von der Beklagten Schadenersatz in dieser Höhe. Der Kläger meinte, die Beklagten hätten ihn als Kunden darauf hinweisen müssen, dass die heruntergeladene Software Dritte auf die auf dem Rechner gespeicherten Musikwerke zugreifen lassen kann.

Die Vorinstanz, das Landgericht Frankfurt am Main, hatte die Klage nach einem Sachverständigengutachten abgewiesen, da der Kläger die behauptete Pflichtverletzung nicht habe beweisen können. Auf die Berufung des Klägers änderte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main jedoch diese Entscheidung und verurteilte die Beklagte, rund 2100 Euro Schadensersatz nebst Zinsen zu zahlen. Nach Ansicht der OLG-Richter bestehe im Rahmen eines Vertrags grundsätzlich die Pflicht, auf Rechtsgüter und Interessen der anderen Partei Rücksicht zu nehmen. Hier handele es sich zudem um einen Fernabsatzvertrag mit einem Verbraucher, für den besondere Informationspflichten gelten. So habe das Unternehmen den Endkunden über "wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung" zu informieren.

Diese Pflichten hätten die Beklagten verletzt. Es sei durch das Sachverständigengutachten erwiesen, dass durch Bearshare nicht nur Daten aus P2P-Netzwerken heruntergeladen werden können. Vielmehr stünden alle in dem Ordner "My Downloads" enthaltenen Dateien automatisch auch zum Upload bereit. Darauf hätte die Beklagte vor Vertragsabschluss hinweisen müssen. Ein Vermerk auf der Website, dass der "Download nicht lizenzierter Daten strafbar ist" und dass das "Herunterladen die Zustimmung des Urhebers" bedürfte, sei nicht ausreichend. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger das Programm nicht erworben oder zumindest sich geschützt hätte, wenn er ordnungsgemäß auf die Funktionen hingewiesen worden wäre. Er wollte das Programm vielmehr allein zum Download nutzen und nur dafür war es von der Beklagten auch offensiv beworben worden.

Auch ein Mitverschulden des Klägers schloss das OLG aus. Zwar habe der Kläger urheberrechtlich geschützte Dateien aus dem Internet heruntergeladen. Es sei jedoch in der bis Ende 2007 geltenden Rechtslage im Urheberrecht nicht davon auszugehen, dass bereits der Download von Musikstücken rechtswidrig gewesen sei. Rechtsanwalt Lambert Grosskopf, der den Kläger vertreten hat, begrüßte gegenüber heise online die Entscheidung des OLG Frankfurt. Gleichzeitig wies er jedoch daraufhin, dass sie aufgrund einiger zwischenzeitlich geänderter Vorschriften nicht eins zu eins auf heutige Sachverhalte übertragen werden könne. Eine Revision des Rechtsstreits zum Bundesgerichtshof ließ das OLG nicht zu. Die Entscheidung beruhe auf einem Einzelfall und habe keine grundsätzliche Bedeutung. (anw)