EU-Handelspolitiker lehnen ACTA ab

Mit dem in der Sache federführenden Handelsausschuss hat sich ein fünftes Gremium im EU-Parlament gegen eine Ratifizierung des Anti-Piraterie-Abkommens ausgesprochen. Das – vorerst – letzte Wort hat nun das Plenum im Juli.

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Als fünftes Gremium im EU-Parlament hat sich der federführende Handelsausschuss am Mittwoch mit 19 zu 12 Stimmen gegen eine Ratifizierung von ACTA ausgesprochen. Die Mehrheit der Abgeordneten folgte damit dem Anraten des Berichterstatters David Martin (Großbritannien, Labour), der die Weichen gemeinsam mit der sozialdemokratischen Fraktion im April gegen das umstrittene Anti-Piraterie-Abkommen gestellt hatte. Ausschlaggebend war für den Schotten, dass die mit einem Inkrafttreten von ACTA verbundenen Befürchtungen die parallel geweckten Hoffnungen auf eine bessere internationale Bekämpfung von Rechtsverletzungen überwögen.

Der Schattenberichterstatter der konservativen Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), Christofer Fjellner, hatte sich im Vorfeld noch für eine Zustimmung zu dem weitgehend hinter verschlossenen Türen ausgehandelten Vertrag ausgesprochen. Letztlich zog er aber seinen entsprechenden Änderungsantrag zum Bericht Martins zurück. Ein Vorstoß der Fraktion der Konservativen und Reformisten, die Abstimmung zu verschieben, fand keine Mehrheit.

Berichterstatter David Martin hatte die Ablehnung empfohlen.

(Bild: Europaparlament)

38 Bürgerrechtsorganisationen hatten die Volksvertreter zuvor aufgefordert, ACTA abzulehnen. Die Übereinkunft gefährde "Grundrechte, Netzneutralität, Innovation, sowie den Zugang zu freien Technologien und zu lebenswichtigen Medikamenten", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Das Parlament habe bereits "alle notwendigen Beweise, um ACTA zurückzuweisen". Die Abgeordneten müssten "ihrer politischen Verantwortung nachkommen und Bürger vor diesem gefährlichen Abkommen schützen". Stattdessen müsse eine klare Trennung "zwischen echter, schädlicher Produktpiraterie physischer Güter und der Tauschpraxis" im Internet erreicht werden.

Ende Mai hatten bereits der Innen-, der Industrie- und der Rechtsausschuss die Signale auf Rot gestellt. Anfang Juni lehnte auch der Entwicklungsausschuss ACTA entgegen dem Anraten seines Berichterstatters Jan Zahradil ab. Das jetzige Votum der Handelspolitiker gilt als Empfehlung für die entscheidende Abstimmung im Plenum in Straßburg, die am 4. Juli erfolgen soll.

Handelskommissar Karel De Gucht hatte am Mittwoch vor den Abgeordneten noch für ACTA geworben. Es sei "nichts zu fürchten in dieser Vereinbarung", meinte der Belgier. Manche sähen dies aber anders, sodass die Kommission den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gebeten habe, die Vereinbarkeit des Abkommens mit dem EU-Recht und der Grundrechtecharta zu prüfen. Auf diese Entscheidung sollten die Parlamentarier warten.

Zugleich versprach De Gucht, "einige Klarstellungen zu ACTA vorzuschlagen" – insbesondere zum besonders umstrittenen Internetkapitel und seinen Ausführungen zu Filesharing und der geforderten Kooperation zwischen Zugangsanbietern und Rechteinhaber. Im Anschluss wolle er auch bei einer Ablehnung des Vertrags im Plenum diesen dem Parlament ein zweites Mal vorlegen. Das Ringen um ACTA könnte also auch nach einem Nein des Parlaments im Juli noch nicht zu Ende sein. Auch der parlamentarische Verhandlungsführer Martin hat bereits Nachverhandlungen ins Spiel gebracht. (ssu)