Angespielt: Die ersten Spielkonzepte für Nintendos Wii U

Nintendo hat seine kommende Spielkonsole Wii U erstmals Journalisten in Europa vorgeführt. Weil die neuen Spielkonzepte für den Tablet-Controller sich nicht sofort erschließen, nahmen wir uns viel Zeit, die Möglichkeiten, aber auch die Probleme des Systems zu beleuchten.

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In Zeiten, in denen der Großteil der Spiele-Publisher sich nur noch auf risikolose Fortsetzungen verlässt, darf man Nintendo zu seinem Mut gratulieren, eine Spielkonsole mit einem neuen Controller herauszubringen. Für die Japaner ist das Tablet allerdings kein technischer Selbstzweck, sie wollen mit ihm neue Spielideen verwirklichen. Diese sind jedoch nicht so offensichtlich wie bei der Wii, wie wir bei unserem Besuch der ersten Pressevorführung in Hamburg feststellten.

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Das technische Konzept hatte Nintendo bereits auf der Spielemesse E3 ausführlich erklärt. Einige Details, wie beispielsweise die Auflösung des druckempfindlichen 6-Zoll-Displays, stehen hingegen noch immer aus. Wir haben zwar nicht nachgezählt, schätzen aber, dass sie sich irgendwo zwischen 800 × 480 und 1280 × 720 bewegen wird – laut Nintendo definitv kein Full HD, aber doch scharf genug, um alle Details zu erkennen.

Die Wii U kann Spiele zwar in 1080p rendern, eine stereoskopische Ausgabe für 3D-Fernseher sei aber nicht vorgesehen. Einige der gezeigten Spiele wurden in niedrigeren Auflösungen ausgegeben. Bei "Batman: Arkham City" waren an den Objekt-Kanten deutliche Treppenstufen zu sehen. Oftmals sah die Grafik nicht besser aus als die von der Wii, lediglich in höherer Auflösung. Für eine Spielkonsole der nächsten Generation ist es enttäuschend, dass die Grafik nicht besser aussieht als auf einer sechs Jahre alten PS3 oder Xbox 360. Technisch zieht Nintendo nach den ersten Demos zu urteilen bestenfalls gleich.

Die Wii U soll kompatibel zu allen Wii-Spielen sein, ob deren Grafik in einer höheren Auflösung dargestellt wird, teilte der Hersteller nicht mit. Gamecube-Spiele lassen sich laut Nintendo auf dem Gerät jedenfalls nicht mehr abspielen.

Probleme könnten die Ladezeiten und Laufgeräusche von den optischen Datenträgern bereiten. Die Wii U bringt keine interne Festplatte mit, sondern kann wie die Wii nur SD-Karten lesen. Auf diesen wird man die Spiele aller Wahrscheinlichkeit nach nicht installieren können.

Trotz seiner Größe liegt der neue Tablet-Controller gut in der Hand. Allenfalls die Schultertasten liegen etwas weit auseinander, sodass man beim Wechsel mit dem Zeigefinger weitere Wege zurücklegen muss als bei anderen Gamepads.

Ob die Spiele-Sammlung "Nintendo Land" der Konsole beiliegt, zusammen mit einem Controller angeboten oder separat verkauft wird, hat Nintendo noch nicht entschieden. Die gezeigten Mini-Spiele vermittelten den Eindruck, als seien sie aus einer Brain-Storming-Session der Entwickler übrig geblieben. Sie wirkten allesamt skizzenhaft. Wohl mag es mit fünf Spielern einige Runden lang Spaß machen, vier Wiimote-Spieler mit dem Tablet durch ein Labyrinth zu jagen. Ninja-Sterne auf dem Tablet zu verschießen oder einen kleinen Wagen durch ein Labyrinth zu steuern, erschien uns hingegen nicht besonders originell.

Nintendo Wii U (6 Bilder)

Das Herzstück der Wii U ist der Tablet-Controller. Er liegt gut in der Hand und zeigt auf seinem Touch-Screen zusätzliche Spielelemente. Die Sammlung "Nintendo Land" enthält mehrere Mini-Spiele, bei denen beispielsweise der Tablet-Spieler vier Mitspieler durch ein Labyrinth jagt. Zu fünft macht das ein paar Runden lang Spaß. Insgesamt erweckt Nintendo Land aber den Eindruck einer skizzenhaften Ideen-Sammlung. Das reicht, um die Möglichkeiten der Hardware zu demonstrieren, viel mehr allerdings nicht. (Bild: Hartmut Gieselmann)

Einen besseren Eindruck hinterließ da schon der neue Mehrspielermodus von "New Super Mario Bros. U". Trotz des katastrophalen Namens machte es durchaus Spaß, wenn ein Spieler auf dem Tablet mit dem Stift neue Blöcke platzierte, Pilze und Schildkröten betäubte, damit der zweite Spieler leichter voran kam. Letztlich unterscheidet sich die U-Version des Jump&Runs aber sonst nicht von dem Wii-Vorgänger. Das Spiel wird ohne Zweifel der wichtigste Starttitel der Wii U. Ob dies aber genügt, um Besitzer der Vorgängerversion von der Wii zum Umstieg zu bewegen, muss man abwarten.

Als zweiten Evergreen schickt Nintendo "Pikmin 3" an den Start. Die gezeigte Version nutzte das Tablet aber lediglich zur Darstellung einer Übersichtskarte, sonst glich "Pikmin 3" frappierend "Pikmin 1" und "Pikmin 2", wie man es vom Gamecube kennt.

Viel Beachtung fand "Zombi U" von Ubisoft. Das Zombie-Spiel soll Erwachsene an die Wii U locken – ähnlich wie es damals "Red Steel" bei der Wii versucht hat. Die Solo-Kampagne spielt sich wie ein typisches Action-Horror-Adventure im Stil von Resident Evil. Der Spieler muss mit seiner Schusswaffe oder einem Bogen über das Tablet auf die heranwankenden lebenden Toten zielen. Sind die Toten endlich wirklich tot, kann er ihre Körper nach Gold und Ausrüstungsgenenständen durchsuchen. Türschlösser darf man natürlich in einem Minispiel knacken. Ähnliche Gadgets setzt auch "Batman: Arkham City" ein und lässt den Spieler beispielsweise mit vorgehaltenem Tablet die Umgebung scannen.

Die Mini-Einlagen sind ganz abwechslungsreich, allerdings störte uns auch der ständige Blickwechsel vom Fernseher zum Tablet: Wir mussten immer wieder hin und her schauen, um zu wissen, wo wir jetzt draufdrücken sollten. Der Spielfluss wurde dadurch immer wieder unterbrochen. So hatten wir nicht den Eindruck, dass Portierungen von anderen Konsolen von den zusätzlichen Tablet-Eingaben profitieren. Eher besteht die Gefahr, dass sie den Spieler ablenken oder sogar stören. Entwickler müssen hier genau darauf achten, wie sie derartige Unterbrechungen vermeiden.

Insgesamt hat es Nintendo aber schwer, die Einsatzzwecke des Tablet-Controllers klar zu umreißen. Sie erschließen sich keinesfalls so intuitiv wie bei der Wiimote. Der komplexe Controller spricht in erster Linie Vielspieler an: Fans, die Metroid, Fire Emblem & Co. mit allen Schikanen spielen wollen. Gelegenheitsspieler wissen hingegen kaum, was sie mit dem Tablet sollen und ob sie nun auf dessen Bildschirm oder den Fernseher gucken sollen. Sie wird Nintendo nur schwer zum Kauf überreden können.

Blieb zum Schluss die Frage nach dem Preis, zu der Nintendo beharrlich schwieg. Auf jeden Fall soll die Wii U auch in Deutschland vor Weihnachten starten. Der vom Versandhändler Amazon angegebene Vorbesteller-Preis von 400 Euro scheint uns jedoch nur ein Platzhalter zu sein. Ein derart hoher Preis würde zu einem ähnlichen Desaster wie beim Start der 3DS führen, und das will Nintendo auf keinen Fall wiederholen. Es ist damit zu rechnen, dass die Konkurrenz von Microsoft und Sony die Xbox 360 und PS3 in Weihnachten für 199 Euro anpreisen wird. Da kann es sich Nintendo kaum erlauben, viel mehr als 250 Euro für die Wii U zu verlangen. (hag)