Bayerisches Innenministerium will aus Polizei-Software-Projekt aussteigen [Update]

Landespolizeipräsident Waldemar Kindler kündigte heute im Landtag an, dass sich das Innenministerium aus dem Auftrag zur Entwicklung einer Software für die Dienstplangestaltung zurückzieht.

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  • dpa

Das geplante neue Computerprogramm für die bayerische Polizei ist zu einer Riesenpleite geworden. Nach jahrelangen Tests und Millionen-Investitionen will das Innenministerium aus dem Auftrag zur Entwicklung einer Software für die Dienstplangestaltung (DiPlaZ) aussteigen. Das kündigte Landespolizeipräsident Waldemar Kindler heute laut dpa im Innenausschuss des Landtags an. Er wollte die beauftragte Software-Firma unmittelbar nach der Sitzung informieren. Das Programm sei wegen Fehlern und der nicht erreichten Nutzerlast für einen flächendeckenden Einsatz im Freistaat nicht geeignet, sagte Kindler. Das Thema steht heute ganz oben auf der Tagesordnung des Ausschusses für kommunale Fragen und innere Sicherheit.

Im November hatte die SPD-Fraktion im bayerischen Landtag bereits einen Dringlichkeitsantrag gestellt, die Erprobung von DiPlaZ einzustellen. Das völlige Scheitern des Pilotversuchs zwinge zur Neuausschreibung. Die SPD kritiserte unter anderem, es seien 2,3 Millionen Euro in den Sand gesetzt worden. DiPlaZ wurde als webbasierte Software von der Personal & Informatik AG (P&I AG) entwickelt. Auf Serverseite kommt ein System unter HP-UX mit Oracle-Datenbank zum Einsatz.

Update: Die Bitte der Software-Firma, nochmals eine Frist von vier Wochen zur Behebung der Mängel zu gewähren, lehnte Kindler ab. "Wir befürchten, dass wieder neue Fehler auftreten." Zuletzt hatte das Innenministerium dem Anbieter eine Frist bis Mitte Januar gegeben. Bei einer anschließenden Testphase von vier Wochen mit elf Testteams wurden immer noch 14 schwere Programmfehler festgestellt. Außerdem konnte die Software nur von rund 200 Nutzern gleichzeitig angewendet werden. Im Vertrag stehe aber, dass mindestens 800 Nutzer gleichzeitig mit dem Programm arbeiten können müssen, sagte Kindler. "Jenseits von 300 Nutzern war der Einsatz aber schon nicht mehr möglich." Der Vorstandschef der Software-Firma habe die Fehlersituation bei einem Gespräch vergangene Woche "nicht bestritten".

Der Ausschussvorsitzende Jakob Kreidl (CSU) sagte: "Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende." Man solle jetzt einfach "einen Schlussstrich" ziehen. Als Alternative bietet sich nach Angaben Kindlers unter anderem die Beteiligung an einer Ausschreibung des Finanzministeriums an, das derzeit ein computergestütztes Zeitmanagement für alle Ministerien vorbereitet.

Die SPD begrüßte den geplanten Ausstieg, kritisierte aber das lange Festhalten an dem Programm. "DiPLaZ ist ein Trauerspiel vom Anfang bis zum Ende", sagte die stellvertretende Ausschussvorsitzende Helga Schmitt-Bussinger. Das Programm sei aber auch "Synonym für das Verschleudern von Ressourcen". Der Freistaat habe sich mit seinem Anspruch, alles anders und besser als die anderen machen zu wollen, verspekuliert. Der bayerische Landesverband der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) bedauerte, dass die Verantwortlichen "trotz der vor Fehlern strotzenden Software nicht schon früher die Notbremse gezogen haben". Jetzt müssten Schadensersatzansprüche gegen den Anbieter geprüft werden. (dpa) / (anw)